Warschau - Die national-konservative Partei Liga polnischer Familien (LPR) will die Tageszeitung "Gazeta Wyborcza" boykottieren. Ein Aufruf des Europa-Abgeordneten Wojciech Wierzejski beim Partei-Kongress am vergangenen Sonntag wird nach Erfahrung der Gazeta-Redakteure offenbar ernst genommen. "Kauft diese Zeitung nicht, lest sie nicht und sprecht nicht mit ihren Journalisten", sagte Wierzejski.

Er reagierte damit auf die wiederholte Berichterstattung der "Gazeta Wyborcza" über die mit der LPR verbundene Jugendorganisation "Allpolnische Jugend" ("Mlodziez Wszechpolska"), die den immer aktiveren rechten Rand der LPR repräsentiert. Die Mitglieder der Organisation werden auf etwa 5000 geschätzt.

"Feinde des Vaterlands"

Zuletzt hatte die Zeitung über antisemitische Texte auf den Internet-Seiten der Allpolnischen Jugend berichtet. Diese Texte sind teilweise neueren Datums, teilweise stammen sie aus einer gleichnamigen Organisation, die in den 30er Jahren in Polen existierte. Dort heißt es unter anderem, das "undankbare Judentum" sei eines der "Feinde des Vaterlands und der Kirche". Autor des Textes, aus dem das Zitat stammt, ist der Europa-Abgeordnete Wojciech Wierzejski selbst. Der Vorsitzende der Jugendorganisation, Radoslaw Parda, erklärte gegenüber der "Gazeta Wyborcza", er stimme dieser Aussage zu. Allerdings könnten die Polen auch von den Juden lernen, so Parda: "Sie pflegen auf der ganzen Welt ihre Bräuche und Traditionen", sagte er.

Die Titel der Bücher, die auf den Seiten der Allpolnischen Jugend angeboten werden, sprechen für sich selbst: "Das antipolnische Angesicht des Czeslaw Milosz", "Die Herkunft und die Rasse der Slawen", "Der ewige Jude". Auch ein Auszug aus einem der Bücher wird dort zitiert: "Heute wohnen in Polen verhältnismäßig wenig Juden, aber sie spielen eine bedeutende Rolle in der Kultur, in der Politik und - was das Schlimmste ist - in katholischen Organisationen."

Die Verbindung zwischen der LPR und der Allpolnischen Jugend werden in den vergangenen Monaten enger, vor allem durch den LPR-Vorsitzenden Roman Giertych. Er gründete den Regionalverband der Jugendorganisation in Poznan (Posen) und war langjähriger Vorsitzender des Verbandes. Schlagzeilen machte Giertychs Rede bei der Feier der Jugendorganisation zum 15. Jubiläum ihrer Gründung Ende Dezember. Er charakterisierte dabei das ideale Mitglied als blinden Parteigänger ohne eigene Meinung: "Diese Organisation wird nur dann schlagkräftig sein, wenn jeder seinen Auftrag erfüllt. Wer dies nicht versteht, soll gehen." Als Grundzüge der Organisation nannte Giertych: "Schulung, wöchentliche Teilnahme an Versammlungen, Hierarchie, Disziplin und ständige Bereitschaft zum Einsatz."

Die Allpolnische Jugend organisierte unter anderem Aktionen gegen den EU-Beitritt Polens. Sie versucht jährlich, die traditionellen Demonstrationen am 1. Mai zu stören, außerdem Demonstrationen für die Rechte von Homosexuellen. Sie wollte die Beisetzung des Nobelpreisträgers Czeslaw Milosz in einem Ehrengrab verhindern, da Milosz ein "antipolnischer Schriftsteller" gewesen sei.

Den immer wieder erhobenen Vorwurf des Rechtsradikalismus weisen die Aktivisten der Allpolnischen Jugend allerdings weit von sich. Polen habe eine reiche Tradition der religiösen Toleranz und der Gastfreundschaft gegenüber anderen Nationen, sagt etwa Krzysztof Bosak, Mitglied im Präsidium der Organisation.

"Nationale Interessen"

Es gehe nur darum, dabei Maß zu halten und mit der Toleranz nicht nationale Interessen zu gefährden. Die Allpolnische Jugend trete nicht dafür ein, den Pluralismus durch administrative Maßnahmen zu begrenzen. "Wir wollen die Jugendlichen so erziehen, dass sie von sich aus nicht linke oder liberale Parteien wählen", erklärt Bosak. (APA)