Lange galten mindestens vier Personen als Hauptanwärter. Die meisten Experten gaben zuletzt zweien davon kaum noch Chancen: Anatoli Kinach, Expremier und Chef des Unternehmerverbandes, sowie Sozialistenchef Alexander Moros. Bleiben die mittlerweile erbittertsten Kontrahenten: Revolutionsführerin Julia Timoschenko und Unternehmer Pjotr Poroschenko, genannt "Schokoladenkönig".
Spaltung überwinden, Moskau besänftigen
Als wichtigstes Kriterium für den neuen Premier gilt allgemein die Fähigkeit, die Spaltung im Land zu überwinden und die Beziehungen zu Moskau wieder zu glätten. So gesehen hat Poroschenko klare Vorteile. Er genießt hohe Achtung im Parlament, das den Premier absegnen muss, aber auch in der Wirtschaft. Politisch ist er deutlich weniger radikal als Timoschenko, gegen die Moskau überdies wegen Korruption ermittelt.
"Poroschenko ist weicher und ungefährlicher", meint Wladimir Malinkowitsch vom Institut für Politische Forschung in Kiew. Wie Timoschenko hat sich auch Poroschenko um die Revolution verdient gemacht. Sein TV-Sender Kanal 5 trug die Revolution in die ukrainischen Wohnzimmer, mit seinem Unternehmen finanzierte er Juschtschenko. Der Hauch, ins große Business verwickelt zu sein und gute Kontakte zum Lager des bisherigen Präsidenten Leonid Kutschma zu haben, bringt seinem Ansehen Minuspunkte - obwohl selbst Gegner ihm keine Wirtschaftsverbrechen nachsagen.
Timoschenko populär
Julia Timoschenko wiederum, die 44-jährige Ex-Vizepremierministerin, hat in den kritischen Tagen der Revolution die Protestbewegung aufrechterhalten und genießt große Popularität bei den Juschtschenko-Wählern. Die nationalpatriotische Neoliberale steht für rasche Wirtschaftsreformen. Wie sie die Beziehungen mit Moskau glätten sollte, ist schwerer vorstellbar, zumal sie kürzlich den Revolutionsexport in die übrigen Ex-Sowjetstaaten propagierte.