In der Stunde des Triumphs stand sie wieder neben ihm, gemeinsam mit den drei Kindern, das jüngste auf dem Arm. Wie eineinhalb Monate zuvor in Wien, als die ÄrztInnen offiziell die Dioxinvergiftung an dem ukrainischen Präsidentschaftskandidaten Viktor Juschtschenko bestätigten. An diesem Sonntag war es der soeben angelobte Präsident, an dessen Seite sie sich den jubelnden BürgerInnen im Zentrum Kiews zeigte. Und auch wer den Verschwörungstheorien des prorussischen Lagers nichts abgewinnen kann, wird einräumen müssen, dass Juschtschenko ohne seine Frau Katerina heute kaum an der Spitze des Staates stünde.

Denn Stoff für Verschwörungstheorien liefert sie, die Geschichte der Jekaterina Claire Tschumaschenko, so ihr Mädchenname, und ihrer Beziehung zu Viktor. Als Kind ukrainischer EinwanderInnen wurde sie 1961 in Chicago geboren. Ihre späteren Eltern waren während des Zweiten Weltkriegs von den Nazis als ZwangsarbeiterInnen nach Deutschland deportiert worden. Dort heirateten sie nach dem Krieg und wanderten 1956 in die USA aus.

Die Tochter wuchs in zwei Kulturen auf. Zu Hause wurde Ukrainisch gesprochen, während der Woche besuchte das Mädchen eine amerikanische, samstags eine ukrainische Schule. Dann folgte das Studium an der Georgetown University in Washington und an der Universität von Chicago, abgeschlossen mit dem Master of Business Administration. Schon während der Zeit in Washington hatte die Studentin eifrig Lobbying für eine ukrainische Diaspora-Organisation betrieben.

In der zweiten Amtszeit von Präsident Ronald Reagan (1984-1988) arbeitete sie im Weißen Haus im Bereich "nationale Fragen Osteuropas" und im Menschenrechtsbüro des US-Außenministeriums. Der Wunsch, zu den Wurzeln zurückzukehren, erfüllte sich 1991, im Jahr der ukrainischen Unabhängigkeit. Da begann Katerina in Kiew für eine US-Hilfsorganisation für die Ukraine zu arbeiten.

Zwei Jahre später lernte sie Viktor Juschtschenko kennen, als sie ukrainische Banker auf einer Studienreise in die USA begleitete. Als damaliger Chef der Nationalbank leitete Juschtschenko die Delegation. Widerborstig wie ein Stachelschwein habe er sie im ersten Gespräch genannt, erzählte Katerina einem Reporter von Radio Free Europe. Sie selbst habe ihn für einen vom Sowjetsystem geprägten Funktionär gehalten, ehe sie feststellte, "dass er wirklich für die freie Marktwirtschaft war". 1998 wurde geheiratet.

Anschuldigungen, dass sie für den US-Geheimdienst arbeite, weist Katerina Juschtschenko als lächerlich zurück. Aber wer vermutet, dass Lebendigkeit und Effizienz der ukrainischen Zivilgesellschaft etwas mit ihren alten Verbindungen zu tun haben, geht wohl nicht ganz fehl. (Josef Kirchengast, DER STANDARD, Print-Ausgabe vom 24.1.2005)