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... eine neue Verordnung beendet diesen Zustand und dürfte die Kreativität von Forschung und Entwicklung neu beflügeln.

Flaschenverschlüsse halten Bier und Fruchtsäfte bei Geschmack. Indikatoren wechseln angesichts verdorbener Fleischwaren die Farbe oder warnen bei einer Unterbrechung der Kühlkette. Antimikrobielle Beschichtungen lassen Konservierung Sache der Verpackung sein. Auf der Suche nach Wegen, Lebensmittel länger haltbar zu machen, ihre Qualität zu erhalten oder gegebenenfalls den Konsumenten zu schützen, sind Forscher und Entwickler um Ideen nicht verlegen.

Doch in der EU war die diesbezügliche Gesetzeslage bis vor Kurzem so grau wie eine Wurst, die zu viel Sauerstoff abbekommen hat. Materialien mit Kontakt zu Lebensmitteln durften Wirkstoffe nur in äußerst geringen Mengen an das Produkt abgeben. Selbst wenn sich diese positiv auf Qualität oder Haltbarkeit auswirken würden.

Das hat sich nun geändert. Eine Ende 2004 herausgegebene EU-Verordnung lüftet den Grauschleier, der den Einsatz aktiver und intelligenter Verpackungsmaterialien in der EU bislang umhüllte. War die Kreativität der Forscher bislang schon groß, kann sie nun ungehemmt wirken. Ein Boom steht vor der Tür: "Wir erwarten, dass sich auf diesem Gebiet sehr viel tun wird", sagt Michael Washüttl vom Österreichischen Forschungsinstitut für Chemie und Technik (ofi).

Das Institut arbeitet an der Entwicklung eines Indikators, der Mikroorganismen in verpackten Lebensmitteln nachweisen soll. Neben Temperatur, Licht und Luft sind es vor allem Schimmelpilze, Hefen und Bakterien, die Lebensmittel in die Ungenießbarkeit treiben. Ziel ist eine Verpackung, die mitdenkt: Wird ein bestimmter Wert überschritten, schlägt sie Alarm, zum Beispiel indem der Indikator seine Farbe wechselt.

Antimikrobielle Hülle

Das deutsche Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung IVV in Freising ist gerade dabei, eine antimikrobiell beschichtete Verpackungsfolie zur Marktreife zu entwickeln. Ende 2005 soll sie auf den Markt kommen. "Wir wollen nicht die Lebensmittel konservieren, sondern ihre Oberfläche schützen", so Dieter Sandmeier vom IVV. An der Oberfläche soll das Wachstum der Mikroorganismen verhindert werden. Ein tieferes Vordringen wird im Keim erstickt. Das Lebensmittel selbst muss weniger konserviert werden.

Ob aktive und intelligente Verpackungen nicht nur das Herz der Verpackungsforscher, sondern auch jenes von Konsumenten und Händlern erobern können, muss sich erst zeigen. "Die aktiven Verpackungsmaterialien sind in jedem Fall teurer", sagt Washüttl. Die Frage ist, wie viel der Kunde für längere Haltbarkeit, bessere Qualität und höhere Produktsicherheit bereit ist zu zahlen.

Frische-Indikatoren könnten auf den Unwillen der Händler stoßen. Immerhin würden sie klar anzeigen, dass mit ihrem Produkt etwas nicht stimmt und könnten so dem Image schaden.

Der europäische Kunde unterscheidet sich außerdem vom japanischen oder amerikanischen in seinen Ansprüchen. So sind in den USA und Japan Sauerstoffabsorber, die die Haltbarkeit der Lebensmittel verlängern, gang und gäbe. Sie werden als kleine Säckchen den Verpackungen beigegeben.

Da sie nicht bekömmlich sind, müssen sie die Aufschrift "Do not eat" enthalten. Den dortigen Konsumenten stört das wenig. Der europäische sieht das trotzt lebensmittelrechtlicher Unbedenklichkeit anders: Für ihn ist eine solche Warnung gleichbedeutend mit "Vorsicht, Sondermüll". Kein Problem hat er, wenn er den Sauerstoffabsorber, unauffällig in die Verpackung eingearbeitet, nicht sehen muss. (Martina Gröschl/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 24. 1. 2005)