Morak in New York: "Österreich hat lange gebraucht, sich einzugestehen, dass es nicht nur Opfer des Nationalsozialismus war, sondern dass auch Österreicher unter den Tätern waren und viele den Nationalsozialismus aktiv unterstützt oder zumindest gebilligt haben. Österreich muss sich daher seiner moralischen Mitverantwortung stellen."

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New York - Staatssekretär Franz Morak (V) hat vor der Sondersitzung der UNO-Vollversammlung zum 60 Jahrestag der Befreiung des ehemaligen Vernichtungslagers Auschwitz "die moralische Mitverantwortung" Österreichs für den Holocaust betont. Österreich habe "lange gebraucht, sich einzugestehen, dass es nicht nur Opfer des Nationalsozialismus war, sondern dass auch Österreicher unter den Tätern waren und viele den Nationalsozialismus aktiv unterstützt oder zumindest gebilligt haben. Österreich muss sich daher seiner moralischen Mitverantwortung stellen", sagte Morak laut Redetext am Montag in New York.

Vernachlässigt

"Zu lange hat sich Österreich nach dem Krieg allzu gerne auf jene Feststellung in der Moskauer Deklaration berufen, dass Österreich das erste freie Land gewesen ist, das der Hitler-Agression zum Opfer gefallen ist," so Morak. "Gleichzeitig haben wir vernachlässigt, dass in derselben Erklärung Österreich an seine Verantwortung für die Mittäterschaft an der Seite Hitlerdeutschlands erinnert wurde."

"Nicht nur in Europa, sondern auf der ganzen Welt ist Auschwitz zum Ort der Erinnerung an die Gräueltaten, zu denen Menschen fähig sind, geworden. Angesichts des millionenfachen Mordes des nationalsozialistischen Terrors sollen wir nicht vergessen, dass mit jedem Opfer auch ein individuelles Schicksal verknüpft ist," sagte Morak.

Verbrechen

Das Nazi-Regime habe nicht nur Verbrechen gegen die Menschlichkeit "in unvorstellbarem Ausmaß" begangen, "es ist auch für den größten organisierten Raubzug aller Zeiten verantwortlich". Erst in den letzten Jahren "haben wir das Ausmaß des Vermögensverlustes, unter dem die Nazi-Opfer zu leiden hatten, begonnen zu realisieren", so Morak. "Vieles ist bereits nach 1945 geschehen. Allerdings musste sich Österreich eingestehen, dass nicht alles getan wurde, und dass es Lücken und Unzulänglichkeiten in den Restitutions- und Wiedergutmachungsbemühungen gab", betonte der Staatssekretär.

"Umfassende Schritte" der Bundesregierung

"Um diese Situation zu bereinigen", habe die Bundesregierung "umfassende Schritte" gesetzt. "Wir vertrauen darauf, dass diese von allen Parteien und der Bevölkerung mitgetragenen Bemühungen den Opfern des Nationalsozialismus zumindest ein gewisses Maß an Gerechtigkeit zu Teil werden lassen. Dies kommt spät - für viele zu spät", räumte Morak ein.

Verloren

"Im Gedenken an den 60. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz wird uns vergegenwärtigt, was wir verloren haben und was zerstört wurde. Das Gedenken an Auschwitz ist aber auch eine Richtschnur dafür, was wir heute und in Zukunft tun müssen, um das Vermächtnis von Millionen Menschen zu bewahren, die in Auschwitz zu Opfern des nationalsozialistischen Rassenwahns wurden", so der Staatssekretär abschließend.

Die UNO-Vollversammlung erinnert am Montag in einer Sondersitzung an die Befreiung des NS-Vernichtungslagers Auschwitz durch die Rote Armee vor 60 Jahren. Es ist die erste UNO-Veranstaltung dieser Art. (APA)