Unabhängig davon, ob die Berichte in jedem Detail richtig waren: Das Entstehen eines neuen Militärgeheimdienstes würde ins Bild eines Verteilungskampfes passen, in dem Pentagon und CIA einander als Hauptgegner gegenüberstehen.
Minister Donald Rumsfeld hegt den ehrgeizigen Plan, im Rahmen seiner "Revolution of Military Affairs" möglichst viele Kompetenzen in sein Ressort herüberzuziehen – und dass das Pentagon seine Performance bei der "Humint", den menschlichen Spionageleistungen, verbessern wolle, gab auch dessen Sprecher am Sonntag zu.
Bei der "Humint" war das Pentagon früher gänzlich von der CIA abhängig. Sollten maßgebliche Kompetenzen von CIA ins Verteidigungsministerium wandern, so hätte das auch die Konsequenz, dass der Kongress vieler seiner Kontrollbefugnisse über Geheimdienstaktivitäten verlustig ginge.
Rumsfeld verfolgt seine Pläne seit Langem, und dass bei den Geheimdiensten akuter Handlungsbedarf besteht, wurde erst im letzten Jahr von der 9/11-Kommission eindrücklich bestätigt. Sie zählte ein halbes Dutzend Probleme auf, die bereits vor 9/11 bekannt waren, durch die Anschläge jedoch noch einmal scharf ins Gedächtnis gerückt wurden.
Eines der Gegenmittel, das die Kommission empfahl, war die Schaffung eines neuen "National Intelligence Directors", der anstelle des DCI von oberster Ebene her koordinieren soll. Nach längerem legistischem Hickhack ist diese Reform inzwischen durch den Kongress. Manche Analytiker interpretieren Rumsfelds "Humint"-Bestrebungen als Versuch, sich schon vorsorglich dem Zugriff des neuen "Direktors" zu entwinden und Herr im eigenen Haus zu bleiben. (Christoph Winder/DER STANDARD, Printausgabe, 25.1.2005)