Die Verkehrspolitik geht "dramatisch in die falsche Richtung", meint Gerhard Fuhrmann.

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Wien – Die Hoffnung der Regierung, die ÖBB mittels einer groß angelegten Reform von einem "Zuschussbetrieb" zu einem sich selbst tragenden Verkehrsunternehmen zu machen, wird kaum in Erfüllung gehen. Das zumindest befürchtet der scheidende Regulator für den Schienenverkehr, Gerhard Fuhrmann.

Fuhrmann, der Anfang Februar von Georg Fürnkranz, Exkabinettchef von Infrastrukturminister Vizekanzler Hubert Gorbach, abgelöst wird, rechnet mit einem Hinaufschnellen der Bahnschulden. Schon derzeit habe die ÖBB Gruppe wegen der nicht erfolgten Entschuldung sechs Mrd. Euro am Hals. Dies habe eine jährliche Zinsbelastung von rund 200 Mio. Euro zur Folge. Außerdem müsse sich die Bahn jährlich um rund 800 Mio. Euro neu verschulden, um den Ausbau des veralteten Schienennetzes voranzutreiben. Fuhrmann: "In drei, vier Jahren haben die ÖBB wieder zehn Milliarden Schulden."

"Falsche Richtung"

Für Fuhrmann ist klar: "Die Verkehrspolitik geht dramatisch in die falsche Richtung." Das zeige sich am Beispiel der im Gegensatz zu anderen Ländern nicht erfolgten Entschuldung der Staatsbahn, was übrigens auch im Widerspruch zu einschlägigen Vorgaben der EU-Kommission stehe. Außerdem sei der Infrastrukturausbau in vergleichbaren Ländern Aufgabe der öffentlichen Hand, in Österreich hingegen müssten auch die ÖBB kräftig dazuzahlen. Aber auch in der Schwerpunktsetzung beim Bahnausbau zeige sich, dass eine falsche Richtung eingeschlagen wird. Während im Verkehrsministerium von zehn bis elf Mrd. Euro die Rede ist, die in den nächsten fünf bis sieben Jahren für Bahnausbauten zur Verfügung stehen, kapriziere man sich ebendort auf Projekte wie Koralm und Brennerbasistunnel. Diese beiden kosteten allein rund 15 Mrd. Euro. Fuhrmann: "Für andere, oft dringendere Projekte, fehlt dann das Geld, die werden geschoben."

Wettbewerb light

Obwohl seit Öffnung des Schienenmarktes jedes Unternehmen mit einer entsprechenden Lizenz auf dem ÖBB-Netz unterwegs sein kann, ist die Zahl der neuen Bahnunternehmen überschaubar geblieben. Es gibt ein knappes Dutzend Verkehrsunternehmen, die wie die Graz-Köflacher-Eisenbahn über ein eigenes Schienennetz verfügen; dazu kommen noch fünf rein österreichische, die wie LTE Logistik kein eigenes Netz haben. Zusätzlich gibt es noch vier rein ausländische Eisenbahnunternehmen – etwa die italienisch-deutsche Lokomotion, die Verkehre über den Brenner anbietet, auf den Schienen der ÖBB. (Günther Strobl, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 26.1.2005)