Strategiespiel
Wie stets im Hauptverband verkommt also auch diese Personalentscheidung zum Strategiespiel. Diesmal ist die Situation allerdings noch verworrener als bei früheren Angelegenheiten. Denn die ÖVP ist komplett uneinig. Trotz ihrer 7:5-Mehrheit im Vorstand konnte sich der VP-Mann Dinkhauser nicht durchsetzen. Der Wirtschaftsbund würde nämlich lieber den Sozialpartner Haberzettl an der Spitze stehen.
Indirekte Unterstützung
Zu einer aktiven Unterstützung wollte man sich freilich doch nicht durchringen. Allerdings konnten die Wirtschaftsbündler darauf verweisen, dass sich die sozialdemokratischen Vertreter bei der Wahl von Arbeitgeber-Vertreter Karlheinz Kopf zum Vorsitzenden der Trägerkonferenz ebenfalls nur enthalten hatten. Trotzdem galt es am Donnerstag doch als Überraschung, dass Haberzettl nicht durchkam. Druck dürfte es vor allem von der Bundespartei gegeben haben. Dem Vernehmen nach soll sich gestern vor allem Klubchef Wilhelm Molterer massiv in die Verhandlungen eingeschalten haben.
Dinkhauser ortet Rückenwind
Dinkhauser sieht sich jedenfalls wieder im Rennen und will nun mit Überzeugungskraft seine eigene Partei in die Pflicht nehmen. Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl erinnerte der Tiroler AK-Chef daran, dass die Sozialpartnerschaft in der eigenen Partei beginne. Beleidigt, dass er noch nicht alle schwarzen Stimmen bekommen hat, ist Dinkhauser nicht: "Der Dinkhauser ist halt kein einfacher, es braucht aber aufmüpfige Leut'."
Grundsätzlich pochte der AK-Präsident ein weiteres Mal darauf, dass der Vorsitz an die ÖVP gehen müsse, wenn sie dank der Gesetzeskonstruktion schon die Mehrheit habe. Dabei wäre er auch bereit, selbst zu verzichten. Wenn der zweite VP-Arbeitnehmer, der Beamte Wilhelm Gloss die Chance auf die Mehrheit hätte, würde er ihn unterstützen. Gloss, ein alter Vertrauensmann von Beamtenchef Fritz Neugebauer, wird mittlerweile angesichts des Patts ohnehin als nicht unwahrscheinliche Kompromiss-Variante gehandelt.
Demonstrative Gelassenheit
Bei den Sozialdemokraten demonstriert man derweil Gelassenheit. Haberzettl sieht keinen Grund, beim nächsten Anlauf nicht mehr zu kandidieren. Auch ist er überzeugt, dass es im Tagesgeschäft sicher kein Problem geben würde, wenn er als Vertreter der Minderheitenfraktion den Vorsitz übernehmen würde. Die vorläufige Nichtwahl hat seine Lust am Job ebenfalls nicht geschmälert: "Jetzt hab ich erst recht Lust." Vorwürfe an die Wirtschaftsbündler gab es von Seiten der FSG nicht. Ihr starker Mann in der Sozialversicherung, der Wiener Kassenobmann Franz Bittner, lobte sogar ausdrücklich, es habe sich heute gezeigt, dass die Wirtschaftskammer die Sozialpartnerschaft ernst nehme.
Jetzt beginnt jedenfalls wieder die Zeit des Verhandelns. Gleich acht Tage hat Kopf den Beteiligten Zeit gegeben, zu einer Lösung zu kommen - Ausgang völlig offen. Die entscheidende Rolle könnten letztlich der einzige Freiheitliche und der Senioren-Vertreter Wilhelm Mohaupt (V) spielen, der zwar auf einem Wirtschaftsbund-Ticket sitzt, aber als eher Parteiloyal gilt.
Erneut Fall für VfGH?