Wer auf einen Beweis dafür gewartet hatte, dass das "Gedankenjahr" nie und nimmer im Jahr 1945 ansetzen darf, bekam ihn am Donnerstag serviert: Einmal mehr war es der blaue EU-Abgeordnete Andreas Mölzer, der den schrillen Misston zum Auschwitz-Gedenken lieferte.

Wer Mölzer und seine nicht zu unterschätzende intellektuelle Wendigkeit kennt, weiß, dass sein Ausspruch kein Versehen war, sondern Ausdruck eines - freidenkerisch verbrämten - Geschichtsrevisionismus. Genauso, wie er der "angeblichen Befreiung" Österreichs im Jahr 1945 das Wort redet, ist es nun eben die "angebliche" Mitverantwortung Österreichs am Holocaust.

Absehbar ist auch, wie Mölzer - der als ehemaliger Leiter der Parteiakademie nebenbei bemerkt für die Grundsatzausrichtung der FPÖ zuständig war - auf seine Kritiker reagieren wird. Er wird den "denunziatorischen Diskurs" beklagen, in dem Leute wie er mit der "Faschismuskeule niedergeknüppelt" werden. Fehltritt, kurze Aufregung, Kanzlerschweigen, zurück zur österreichischen Normalität - in diesem Ritus erschöpft sich auch im Jahr fünf von Schwarz-Blau der Vergangenheitsdiskurs.

Man mag mit der FPÖ besser als mit anderen Parteien bahnbrechende Jahrhundertreformwerke beschließen, sie mucken weniger auf, wenn die parteipolitisch geschmeidige Besetzung von Spitzenfunktionen ansteht. Wenn es aber um Fragen des österreichischen, geschweige denn europäischen Selbstverständnisses geht, ist mit den Blauen nach wie vor kein Staat zu machen. Zumindest keiner, den - um mit Nationalratspräsident Andreas Khol zu sprechen - wir alle wollen.

In den Ruhephasen zwischen den blauen Rülpsern eines Mölzers, Stadlers oder Straches mögen das viele in der christlichsozialen Europapartei ÖVP gerne verdrängen. Gerade im Gedankenjahr lässt sich aber nicht übersehen, welches Gedankengut der Koalitionspartner FPÖ auch zu pflegen versteht. (DER STANDARD, Printausgabe, 28.1.2005)