Berlin – Es wäre eine Ironie der Geschichte: Der konservative Verleger Axel Springer und der radikal linke Studentenführer Rudi Dutschke kommen Jahre nach ihrem Tod einander näher als je zuvor. Die "Partei des Demokratischen Sozialismus" (PDS) will einen Teil der Berliner Kochstraße in Rudi-Dutschke-Straße umbenennen.

Aufeinandertreffen der Gegenpole

An diesem Straßenstück im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg liegt auch die Zentrale des Springer-Verlags. An der Kreuzung vor dem Springer- Hochhaus würden die Rudi- Dutschke-Straße und die Axel-Springer-Straße aufeinander treffen.

Feindbild Dutschke

Zu Beginn der Studentenproteste vor 40 Jahren galten Dutschke und Springer als Gegenpole. Dutschke verkörperte das Feindbild der Springer-Presse. Bei den Studenten lautete eine beliebte Parole: "Enteignet Springer!".

Prompt streiten sich nun Politiker und Medienleute um dieses Thema. Den Stein ins Rollen brachte die linksalternative Tageszeitung taz. Zum 25. Todestag Dutschkes (1968 angeschossen und 1979 an den Folgen dieses Attentats gestorben) schlug sie die Umbenennung vor. Das Verlagshaus der taz, nur wenige hundert Meter von der Springer- Zentrale entfernt, heißt seit einiger Zeit Rudi-Dutschke- Haus.

Zeichen der Versöhnung

Die PDS im Bezirk unterstützte den Vorschlag. Die Benennung könne ein Zeichen für Versöhnung sein, argumentieren sie. Die Linke wirft besonders Springers Boulevardblatt Bild vor, mit Hetzparolen das Attentat auf Dutschke provoziert zu haben.

Manche Konservative verzeihen Dutschke dagegen bis heute seine Forderungen nach einer Revolution gegen das kapitalistische System nicht. CDU-Politiker nennen deshalb den Vorschlag eine "politische Geschmacklosigkeit".

Nur nach Frauen

Blockiert wird die Entscheidung derzeit aber mehr dadurch, dass die Grünen, mit der sich die PDS in dem Ost- West-Bezirk gutstellen muss, nur noch nach Frauen benannte Straßen akzeptieren wollen – bis die zahlenmäßige Übermacht der Männernamen auf Straßenschildern ausgeglichen ist. Das kann jedoch dauern. Das Problem wurde vorerst an diverse parlamentarische Ausschüsse verwiesen. (DER STANDARD,dpa,Andreas Rabenstein, Printausgabe, 29.1.2005)