Estland http://www.riik.ee/en hat sich in den vergangenen Jahren zu einer europaweit führenden IT-Nation gemausert. Die nur knapp 1,4 Mio. Einwohner zählende ehemalige Sowjetrepublik hat dabei nicht nur die Rivalen in Osteuropa überflügelt. Estland kann im Technologievergleich sogar mit den europäischen Industrienationen mithalten. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion 1990 hatten nur wenige Esten überhaupt eine Telefonverbindung. Jetzt ist das Land bei Mobilfunkkunden, Breitbandzugängen, Online-Finanz- und E-Government-Services klar führend in Osteuropa, berichtet das Wall Street Journal (WSJ).

Internet nimmt zu

Im Jahr 2004 verzeichnete Estland eine Internet-Penetrationsrate von 52 Prozent und lag damit sogar über dem Durchschnitt der alten EU-Mitgliedstaaten, die auf eine Penetrationsrate von 46 Prozent verweisen konnten. Die baltischen Nachbarn kamen auf 30 (Litauen) und 28 Prozent (Lettland). Mehr als 60 Prozent der estnischen Steuerzahler haben im vergangenen Jahr ihre Steuererklärung online abgegeben. Damit reiht sich das Land weltweit an dritter Position ein, auf die Plätze verwiesen nur von Dänemark und den Niederlanden.

Laut Martin Selmayr, Sprecher der Europäischen Kommission, sind vor allem der politische Wille und das Zusammenspiel zwischen Regierung und Wirtschaft für die Erfolgsstory verantwortlich. Vor allem dänische, finnische, norwegische und schwedische Firmen haben nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion viel Geld in die estnische IT-Branche gesteckt. Sie zeichnen mittlerweile für 75 Prozent der Direktinvestitionen verantwortlich, schreibt das WSJ.

Bildungsprogramm

Telekomunternehmen und Banken finanzierten ein 2,55 Mrd. Euro schweres Bildungsprogramm, das 100.000 Erwachsenen den Umgang mit dem Internet lehrte. Mittlerweile gibt es rund 730 zumeist kostenlose Internetterminals in Estland, mehr als überall sonst in Ost- und Mitteleuropa. Im laufenden Jahr wird der öffentliche Sektor rund 34 Mio. Euro in Informationstechnologien investieren.

Trotzdem fehlt es dem kleinen Land laut WSJ an IT-Spezialisten, um die Nachfrage großer Konzerne befriedigen zu können. Nach Schätzungen von Kalle Tammemae, Direktor des estnischen IT-Colleges, kann das Land höchstens zwischen 5.500 und 6.000 IT-Spezialisten hervorbringen. Um die regionale Führungsrolle zu behalten, müsste die derzeitige Anzahl der Spezialisten erhöht werden, warnte Tammemae.(pte)