Bern - Im Skandal um Unregelmäßigkeiten bei dem UNO-Programm "Öl für Lebensmittel" für den Irak könnte die Schweiz eine bedeutende Rolle als Drehscheibe für illegale Zahlungen gespielt haben. "Wir wissen, dass in der Schweiz vor allem Ölhandelsgesellschaften 'Aufpreise' bezahlt haben", sagte der Basler Strafrechtler Mark Pieth gegenüber der "NZZ am Sonntag". Pieth ist Mitglied der Volcker-Kommission zur Untersuchung von möglicher Korruption bei dem humanitären UNO-Programm. Die Zahlungen wurden unter Verletzung des Sanktionsregimes an die irakische Zentralbank geleistet. Der andere heikle Bereich neben dem Ölsektor sei der Finanzsektor. "Es besteht der Verdacht, dass in der Schweiz nicht nur illegale Zahlungen strukturiert und in den Irak weitergeleitet, sondern umgekehrt in der Schweiz Bestechungsgelder an irakische Privatpersonen deponiert wurden", führte Pieth aus. Auch so genannte Retro-Kommissionen spielten eine Rolle - Gelder, die beispielsweise für Firmenangehörige auf Schweizer Bankkonten zurückflossen. Der Schweiz komme bei der Affäre damit eine "beträchtliche Bedeutung" zu, sagte Pieth. Risikofaktor

Da die Schweiz eine sehr hohe Konzentration an Ölhändlern in dem UNO-Programm habe, liege der Risikofaktor für das Land sehr hoch, sagte Pieth in der "SonntagsZeitung". Einzelheiten würden in dem vollständigen Untersuchungsbericht im Sommer publiziert. Der ehemalige US-Notenbankchef Paul Volcker untersucht Vorwürfe über grobes Missmanagement in dem UNO-Programm.

Zum Ausmaß von "Aufpreis- oder Bestechungszahlungen" sagte Pieth gegenüber der "NZZ am Sonntag", die Summe dürfte zwischen 1,8 und 2,5 Milliarden Dollar (1,389 - 1,93 Mrd. Euro) liegen. Zur Umgehung der Vergaberegeln der UNO sagte Pieth, der Kern der Problematik sei, dass die "tonangebenden Staaten im Sicherheitsrat bei der Vergabepraxis mitmischten - letztlich also ein transparentes Verfahren verpolitisiert" wurde. Er ging davon aus, dass der Volcker-Bericht zu einer Reorganisation der Vereinten Nationen beitragen werde. (APA/dpa)