Vergangene Woche sorgte ein Vergewaltigungsprozess in Wien für Aufsehen. Harald H., ein sogenannter Gürtel-König, war angeklagt, zwei Prostituierte vergewaltigt zu haben. Vor Gericht meinte der Angeklagte: "Seit wann kann man a Hur´ vergewaltigen?".

Die Stadtzeitung "Falter" ist der Sache nach gegangen und berichtet in ihrer neuesten Ausgabe auch über die Reaktionen des zuständigen Staatsanwaltes und des Richters. Staatsanwalt Hans-Christian Leiningen habe in seinem Schlusswort um Milde für den Vergewaltiger folgenderweise plädiert: "Prostituierte werden nicht besonders erniedrigt, wenn sie vergewaltigt werden." Und der Richter, Thomas Schrammel, erklärte zwar, "dass Prostituierte auch Menschen und Frauen und kein Freiwild" seien, meinte aber weiter: "Eine Prostituierte steckt die Vergewaltigung wahrscheinlich leichter weg, als das behütete Bürgertöchterl." Das sei der Grund, warum die Frauen bei der Einvernahme nicht geweint hätten.

Prostituierte würden nicht unter einer Vergewaltigung leiden

Auf die Frage des "Falter"-Redakteurs Florian Klenk, was sich Staatsanwalt Leiningen bei seiner Aussage gedacht hatte, antwortete dieser: "Ich glaube, dass Prostituierte nicht so unter einer Vergewaltigung leiden, wie Frauen, die nicht diesen Beruf ausüben. Je mehr die Psyche einer vergewaltigten Frau beeinträchtigt ist, desto härter sollte die Strafe des Täters sein." Und: "Die zwei haben nicht so gewirkt, als ob sie an der Vergewaltigung kiefeln würden." Sie seien ja – "anders als das Beamtentöchterl" an Sex gewöhnt. Leiningen weiter: "Es sind ja meist die weiblichen Laienrichter, die wenig Verständnis mit Vergewaltigungsopfern haben. Die fragen mich: ‚Wieso geht die denn mit dem überhaupt mit?’. Ich würde in Vergewaltigungsprozesse nur Männer setzen. Denn die zerfließen vor Mitleid."

In der Folge entwickelte sich ein Disput am Telefon, im Zuge dessen Leiningen fragte, was an seiner Meinung denn so falsch sei. Und schließlich: "Vielleicht verroht man hier im Grauen Haus. Vielleicht regiert hier noch die Alte Welt. Ziehen Sie mich durch den Kakao."

Was Studien belegen

Die Soziologin Klarissa Guzei grub sich in den 80ern durch hunderte Vergewaltigungsakten des Wiener Landesgerichtes und kam zu dem Ergebnis, "dass Freisprüche überdurchschnittlich häufig dann erfolgten, wenn das Opfer über einen schlechten Ruf (z.B. Prostituierte) verfügte". Begründung aus einem Freispruch eines Vergewaltigers: "Immerhin ereigneten sich die Vorfälle nicht in einem Mädchenpensionat, sondern in einem bordellähnlichen Betrieb, wo es nicht immer sanft und friedlich zugeht." (red)