Graz - Bei dem neuen Verhütungsmittel "Implanon" mit dem Wirkstoff Etonogestrel, das in den Oberarm der Frau eingepflanzt wird, handelt es sich um ein Gestagenhormon mit geringem Erfahrungshintergrund. Es ist ein Langzeitverhütungsmittel zu dem Langzeituntersuchungen fehlen, d.h. Frauen nehmen an einem Experiment teil. Eingepflanzte Verhütungsmittel entziehen Frauen die Kontrolle über ihre Fruchtbarkeit. Bei Nebenwirkungen, die in Akne, Depressionen, Kopfschmerzen, Blutungsveränderungen, Gewichtszunahme und Libidoverlust bestehen können, braucht eine Frau einen weiteren operativen Eingriff, um das Verhütungsmittel wieder los zu werden. Bis zu 30 Prozent der Frauen brechen ab, was für sie aber teuer ist. "Implanon" überwindet ein Problem der gestagenhaltigen Anti Baby Pillen, nämlich daß die zuverlässige Compliance der Frauen seine Wirksamkeit bestimmt. Implantate, Injektionen oder Impfungen als Verhütungsmittel sind anbieterzentriert. Bei relativer medizinischer Sicherheit erhöhen sie das Potential der medizinischen Kontrolle über die Wahlmöglichkeiten der Frau. Nur unter folgenden Bedingungen haben Frauen eine wirkliche Wahlmöglichkeit (Thompson 1996): 1.) Es gibt eine freie informierte Entscheidung, die umfassend über Vor- und Nachteile auf der Basis von unabhängigen Studien beruht. 2.) Alternativen innerhalb des verfügbaren Spektrums an möglichen Verhütungsmitteln werden angeführt. 3.) Es wird kein Druck auf die Frau ausgeübt (dazu müssen u.a. die Verdienstmöglichkeiten für ÄrztInnen an diesem Mittel gering sein). 4.) Die Kosten muß die Frau nicht selbst tragen. 5.) Eine sofortige Entfernung auf Anfrage wird garantiert. 6.) Es gibt einen freien Fluß an Informationen und Meinungen zwischen Benutzerinnen, Gesundheitsprofessionellen und Interessengruppen. Diese Bedingungen sind in Österreich nicht erfüllt. Und damit enthält dieses neue Verhütungsmittel ein Mißbrauchspotential. Frauen werden abhängig davon, ob ein Anbieter es auf Wunsch entfernt. Dies ist besonders problematisch, wenn die informierte Entscheidung von Frauen nicht grundsätzlich anerkannt wird. Insbesonders sozial schwache Frauen, ob finanziell arm oder geistig behinderte Frauen, könnten hier eine Zielgruppe sein. Sie haben sehr viel weniger Möglichkeiten, eine selbstbestimmte Entscheidung zu treffen bzw. rückgängig zu machen, wenn sie das Implantat nicht mehr möchten oder nicht vertragen. So wurde der Gebrauch von Norplant, einem Implantat mit dem Gestagen Levonorgestrel, in Großbritannien für Frauen vorgeschlagen, die Sozialhilfe erhalten. Norplant wurde dort Anfang des Jahres nach jahrelangen Protesten durch Frauen- und Frauengesundheitsorganisationen vom Markt genommen. (Sylvia Groth M.A., Geschäftsführerin des Frauengesundheitszentrums Graz)

Lit: MS Thompson. Contraceptive implants: long acting and provider dependent contraception raises concerns about freedom of choice. British Medical Journal 1996 313: 1393-1395

Frauengesundheitszentrums Graz

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