Brüssel - Albanische Wahlen müssten internationalen
Standards entsprechen, wenn das Land der Europäischen Union beitreten
möchte, sagte EU-Kommissionspräsident José Manuel Durao Barroso am
Mittwoch in Brüssel. Barroso formulierte die Warnung auf einer
gemeinsamen Pressekonferenz mit dem albanischen Regierungschef Fatos
Nano im Hinblick auf die für Mitte des Jahres geplanten
Parlamentswahlen. "Albanien hat bereits Fortschritte gemacht, ich
muss aber ganz offen zu Premierminister Nano sein," sagte Barroso.
"Wenn die nächsten Wahlen in Albanien nicht den vereinbarten
internationalen Kriterien entsprechen, können wir nicht so weit gehen
wie wir gerne würden."
Westliche Beobachter bisher unzufrieden
Der Kommissionspräsident erwähnte, dass Albanien um Aufnahme in
die Europäische Union angesucht habe, er aber darauf aufmerksam
machen müsse, "dass wir sehr hohe Standards haben" und faire Wahlen
eine Voraussetzung für weitere Schritte wären. Der Hohe Repräsentant
für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der EU, Javier
Solana, schloss sich dieser Meinung an und sagte: "Wahlen, die nicht
völlig im Einklang mit internationalen Standards stehen, wären ein
ernster Rückschlag für Albaniens Annäherung an die EU."
Sämtliche Wahlen in Albanien seit dem Zusammenbruch des
kommunistischen Systems 1990 haben westliche Wahlbeobachter
größtenteils nicht zufrieden stellen können. Meist endeten sie
damit, dass die beiden großen Parteien sich gegenseitig des
Wahlbetrugs beschuldigten. In dem Bemühen, Zustände wie bei der
letzten Präsidentenwahl in der Ukraine zu vermeiden, wo manipulierte
Wahlen nach Massenprotesten der Opposition zu einer Wiederholung
führten, hat die albanische Regierung erste von mehreren
Reformmaßnahmen durchgeführt, die für die Abhaltung der nächsten
Wahlen vorgesehen sind.
Sozialisten regieren in Albanien
Nach dem Sieg der regierenden Sozialistischen Partei (PS) bei den
letzten albanischen Wahlen hatte sich die unterlegene
rechtsoppositionelle Demokratische Partei (PD) von Ex-Präsident Sali
Berisha geweigert, die amtlichen Ergebnisse zu akzeptieren. Vom
Europarat war Berisha daraufhin Obstruktion vorgeworfen worden,
nachdem die PD jede Mitarbeit mit der staatlichen Wahlkommission
abgelehnt hatte. Berisha hatte 1997 nach bürgerkriegsähnlichen
Unruhen mit Hunderten von Toten vom Amt des Staatschefs
demissionieren müssen, nachdem der Zusammenbruch dubioser
Finanzgesellschaften Zehntausende Kleinanleger völlig ruiniert hatte.
Die Situation konnte damals nur durch die Entsendung einer
multinationalen Eingreiftruppe unter Kontrolle gebracht werden. Aus
Parlamentswahlen, die unter internationaler Aufsicht durchgeführt
wurden, gingen die Sozialisten unter der Führung von Nano als Sieger
hervor.
(APA/Reuters)