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Stanislav Gross, Premier in Tschechien, wegen eines dubios finanzierten Wohnungskaufs in Bedrängnis.

Foto: EPA/Kamaray
Prag - In der Affäre um den sechs Jahre zurückliegenden Wohnungskauf von Regierungschef Stanislav Gross, die seit Tagen die öffentliche Debatte in Tschechien beherrscht, ist es zu einer weiteren, unerwarteten Wendung gekommen. Am Mittwoch wurde bekannt, dass der frühere Journalist Rostislav Rod, der seinerzeit Stanislav Gross indirekt und über dessen Onkel mit 900.000 Kronen (30.000 Euro) einen Teil der notwendigen Summe für den Wohnungskauf zur Verfügung stellte und diesbezüglich einen Wechsel ausstellte, diesen an eine dritte Person weiterverkaufte.

Rod begründete das mit dem großem öffentlichen Druck, dem er nach Veröffentlichung des Falles ausgesetzt sei. Einige Zeitungen berichteten in diesem Zusammenhang, dass Rod sich seit einiger Zeit in psychiatrischer Behandlung befinden würde.

Der nun aufgetauchte "dritte Mann", der von Rod den Wechsel kaufte und ihn seinen Aussagen zu folge gleich zerstörte, ist Michal Simkanic. Er ist Vorsitzender der kleinen, euroskeptischen, rechten Splitterpartei Ceská pravice (Tschechische Rechte). Bisher ist er vor allem als Publizist und starker Kritiker von Gross' Sozialdemokraten in den Vorschein getreten. Simkanic gilt unter anderem als Erfinder der Bezeichnung "Grosstapo", die im Spätsommer vergangenen Jahres für Schlagzeilen sorgte. Damals tauchten Informationen auf, wonach während der Zeit, als Gross Innenminister war, die Zahl der polizeilich beantragten Lauschangriffe rapide angestiegen ist.

Simkanic hat seinen Worten zu Folge den Wechsel für die ursprüngliche Summe von 900.000 Kronen gekauft und mit Rostislav Rod vereinbart erst dann dafür zu bezahlen, wenn seine Partei nach den nächsten Wahlen aufgrund des Ergebnisses in die Parteienförderung aufgenommen wird. Gleich nachdem er den Wechsel entgegennahm, habe Simkanic das Dokument verbrannt, womit der Beleg, dass Gross jemandem etwas schulde, vernichtet wurde.

Journalistische Hyänen Zu den Motiven für seine Vorgangsweise erklärte Simkanic gegenüber der tschechischen Zeitung Lidové noviny, er wollte Gross aus den "Fängen von journalistischen Hyänen befreien, die im Dienste von deutschen Verlagshäusern agieren". Damit zielte er auf den Umstand, dass die tschechische Presse, einschließlich der Mladá fronta Dnes, die den Fall von Gross' Wohnung ins Rollen brachte, größtenteils deutsche Eigentümer haben. Simkanic erklärte weiter, er erwarte von Gross keine Gegenleistung, aber er wolle dem Premierminister Zeit geben, damit "er sich alles überlegt und dann seinen Rücktritt einreicht". (DER STANDARD, Printausgabe, 11.2.2005)