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Hermann Maier

Foto:EPA/Jansen
Manchen Menschen - jene, die man "die Seinen" nennt - gibt's der Herr im Schlaf. Solchen scheinen die Dinge zuzufliegen. Kaum begonnen, wandelt sich deren Tätigkeit bereits in Erfolg, der Zug um den Mund bleibt entspannt, die Augen neigen zum schelmischen Grinsen, der Mund zum Plappern.

Ein solcher ist der Hermann Maier nicht. Sondern ganz im Gegenteil: Hermann Maier ist nichts zugeflogen. Schon gar nicht das Skifahren. Die Skihauptschule in Schladming musste der Flachauer vorzeitig beenden. Eine Entwicklungsstörung hemmte sein Wachstum, ihm fehlte die Kraft und die Ausdauer der Alterskollegen, Hermann Maier war - mit einem Wort - ein Zniachterl. Freilich eines, das sich mit seinem Zniachterltum nicht abfinden wollte.

Stattdessen wollte er Ski fahren, richtig, rennmäßig also, und weil der ÖSV die einzige Institution ist, die das ermöglicht, musste er den ÖSV eben zwingen. Das tat er - aus diesbezüglich ziemlich aussichtsloser Position - im Jänner 1995 beim Weltcup-Riesentorlauf im heimatlichen Flachau, wo er als Vorläufer die zwölftbeste Zeit in die Piste schwang.

Der ÖSV ließ sich tatsächlich zwingen. Und hatte plötzlich einen Siegläufer von ganz außerordentlichem Zuschnitt, einen, der sich wenig später sogar als veritabler Popstar entpuppte. Ein working class heroe, dem selbst in den Momenten größter Erfolge noch die Mühsal anzusehen war, durch die er sie errang. Das ist etwas, das auch die öffentliche Wahrnehmung prägt. Der "Herminator" - so nennen sie ihn seit Nagano 1998, wo er sich nach seinem spektakulären Abfahrtssturz Gold im Super-G und im Riesenslalom holte - der "Herminator" wird bewundert. Sympathisch finden ihn nur die wirklichen Aficionados. Das ist ein Schicksal, das er mit Thomas Muster teilt.

Zuletzt waren die Rücktrittsgerüchte schon unüberhörbar. Ausgebrannt sei er, überwuzelt, dem spielerischen Bode Miller nicht mehr gewachsen. Immer noch war genug Bewunderung da angesichts des schrecklichen Motorradunfalls im Jahr 2001. Dass er je wieder ein Dominator sein würde, glaubte freilich kaum noch wer, die aktuelle WM in Bormio schien nach den Misserfolgen in Super-G und Abfahrt schon abgehakt.

Doch dann kam der Riesentorlauf. Maier kniete sich in den Schnee, fühlte sich "gerührt" ob seines "wichtigsten Sieges", denn "der ist mir noch "abgegangen", das Ganze sei "unglaublich".

Das Unglaubliche ist freilich nur im übertragenen Sinn ein Wunder. Es ist das Resultat heißen Bemühens, dessen dinghaftes Symbol der Ergometer ist, mit dem er quasi zum Logo einer schöngeredeten Arbeitswelt verwachsen ist, die uns sagen möchte: "Wo ein Wille, dort auch ein Weg." (Wolfgang Weisgram, DER STANDARD Printausgabe 11.02.2005)