Bild nicht mehr verfügbar.

Der deutsche Außenminister Joschka Fischer übernimmt in der Visa-Affäre die politische Verantwortung.

Foto: REUTERS/Michael Dalder

Bild nicht mehr verfügbar.

Schröder stellt sich hinter Fischer

foto: apa/dpa/dpaweb/brakemaier
Berlin - Der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder und Außenminister Joschka Fischer haben versucht, in der Affäre um den Missbrauch deutscher Einreisevisa den Druck auf die rot-grüne Koalition zu mindern. Schröder stellte sich am Montagmorgen demonstrativ hinter seinen Stellvertreter Fischer. Der Außenminister übernahm die politische Verantwortung für eventuelle Fehler im Auswärtigen Amt und erklärte sich bereit, so früh wie möglich vor dem Visa-Untersuchungsausschuss des Bundestages auszusagen.

Schröder sagte vor einer SPD-Präsidiumssitzung in Berlin, Fischer habe die volle Unterstützung der Koalition. Wenn ein Fehler vorgekommen sei, werde dieser aufgeklärt und abgestellt. Wenn die Opposition glaube, Fischer kippen zu können, "dann irrt sie gewaltig", sagte Schröder.

Fischer übernimmt Verantwortung

Fischer sagte vor dem Parteirat der Grünen, er halte es nicht für zulässig, den so genannten Volmer-Erlass, mit dem 2000 die Einreise deutlich erleichtert wurde, für Missbrauch im Visa-Vergabeverfahren heranzuziehen. Er stehe in dieser Sache vor seinen Mitarbeitern und übernehme als Minister die Verantwortung für eventuelle Fehler in seiner Behörde.

Der Außenminister wies aber auch darauf hin, dass es vor dem Erlass Forderungen der Opposition nach Reiseerleichterungen gegeben habe. Im Übrigen hätten Schlepperkriminalität und Zwangsprostitution nicht erst mit Rot-Grün begonnen. Zielsetzung des Erlasses seien Erleichterungen bei kulturellen und wissenschaftlichen Begegnungen, Verwandtenbesuche oder Familienzusammenführungen gewesen.

Fischer lehnte es ab, sich auf Einzelheiten festzulegen. Er müsse sich erst einmal anhand der Akten Kenntnis verschaffen, sagte er unter Verweis darauf, dass die außenpolitischen Schwerpunkte in der fraglichen Zeit anderswo gelegen hätten.

Merkel kündigt Stellungname an

CDU-Chefin Angela Merkel, der Fischer ausdrücklich Aufklärung anbot, kündigte für den frühen Nachmittag eine Stellungnahme an. Der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff legte Fischer vor einer CDU-Präsidiumssitzung den Rücktritt nahe. Der neue Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Norbert Röttgen, stellte die Frage, welche Konsequenzen Fischer aus der Übernahme der Verantwortung ziehe. Der Vorwurf laute immerhin auf regierungsamtliche Förderung von Schleuserkriminalität.

Auch in Fischers Partei war die Erwartungshaltung hoch. Grünen-Vorsitzender Reinhard Bütikofer räumte die politische Verantwortung Fischers in der Affäre ein. Jeder Minister sei für Vorgänge in seinem Verantwortungsbereich politisch verantwortlich, sagte er im ZDF-Morgenmagazin. Er glaube aber auch aus heutiger Sicht, dass die Lockerung der Reisefreiheit damals die richtige Politik gewesen sei.

FDP fordert Einvernahme von Schröder vor Ausschuss

Die FDP warf Fischer vor, er versuche, seine Verantwortung in der Visa-Affäre auf seine Mitarbeiter abzuwälzen. "Es sind seine Fehler gewesen und nicht die seiner Mitarbeiter", sagte FDP-Chef Guido Westerwelle. Mit der Taktik "Angriff ist die beste Verteidigung" werde Fischer nicht durchkommen. Westerwelle ist dafür, dass neben Fischer auch der Bundeskanzler im Untersuchungsausschuss gehört wird.

Grund der Vorwürfe ist die Affäre um die Visa-Vergaben im Rahmen des so genannten "Volmer-Erlasses" an verschiedenen Botschaften, vor allem in Osteuropa, aus dem Jahr 2000, der ohne Absprache mit dem Innenministerium die Formel "Im Zweifel für die Reisefreiheit" vorsah und die Einreise deutlich erleichterte. Danach stiegen die Visagesuche und -erteilungen drastisch an. Das Bundeskriminalamt warnte laut einem Bericht der "Welt" bereits im September 2001 vor Visa-Missbrauch in Osteuropa. Die Zeitung berief sich auf ein vertrauliches Arbeitspapier des BKA, aus dem hervorgehe, dass ukrainische Schlepperbanden ganz bewusst deutsche Botschaften und Lücken in der Kontrolle nutzten, um Menschen mittels erschlichener Visa nach Europa zu schleusen. Kritik war zudem laut geworden, weil in mehreren Fällen mutmaßliche Islamisten Visa erhalten hatten, obwohl die Sicherheitsbehörden Bedenken geäußert hatten. (APA/AP/dpa)