Frankfurt/Main - Das Versammlungsrecht in Deutschland wird voraussichtlich noch rechtzeitig vor den am 8. Mai geplanten Neonazi-Aufmärschen verschärft. Die deutsche Justizministerin Brigitte Zypries kündigte am Montag an, dass die Gesetzentwürfe diese Woche in die Fraktionen eingebracht werden. Wenn SPD und Grüne das Vorhaben unterstützten, sehe sie kein Problem, dass das schärfere Versammlungsrecht rechtzeitig in Kraft trete, sagte die SPD-Politikerin im Deutschlandfunk. Die Grünen signalisierten bereits ihre Zustimmung, forderten aber Einschränkungen.

Jahrestag: Ende des Zweiten Weltkrieges

Die Verschärfungen im Versammlungs- und im Strafrecht haben vorrangig das Ziel, am bevorstehenden 60. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkrieges Versammlungen untersagen zu können, die den NS-Staat verherrlichen und dessen Opfer verhöhnen.

Bundestagspräsident Wolfgang Thierse rief in Berlin für den 8. Mai zu einer Großdemonstration gegen Rechts und für Demokratie auf. Er begrüßte im Bayerischen Rundfunk die Pläne zur Verschärfung des Versammlungsrechts. Die Versammlungsfreiheit müsse da enden, wo diese Freiheit durch "nationalsozialistische Neopropaganda" in Frage gestellt werde, sagte er.

"Ewiggestrige"

SPD-Generalsekretär Klaus Uwe Benneter sagte, im SPD-Präsidium hätten es alle als unerträglich empfunden, "dass sich Neonazis öffentlich als Ewiggestrige produziert haben. Sie dürfen das Ansehen der Bundesrepublik nicht länger beschädigen können". Um einen NPD-Aufmarsch zum 60. Jahrestag des Kriegsendes am 8. Mai in Berlin zu verhindern, solle über die geplanten schärferen Gesetze zügig beraten werden.

Ähnlich äußerte sich die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth nach einer Sitzung des Parteirates in Berlin. Aufmärsche von Nazi-Gruppen sollten durch eine "Präzisierung des Versammlungsrechts" eingeschränkt werden. Dabei gehe es darum, "Verbote von Versammlungen zu erleichtern, die von Neonazis oder Altnazis vor nationalen Gedenkstätten für die Opfer des Nationalsozialismus durchgeführt werden sollen", sagte sie. "Wir halten nichts von den Vorschlägen der Union, breite Bannmeilen neu zu definieren oder generelle Versammlungsverbote zu beschließen."

Keine Mitschuld am Erstarken der NPD

Unterdessen wies die Opposition den Vorwurf von Bundeskanzler Gerhard Schröder zurück, die etablierten Parteien trügen eine Mitschuld für das Erstarken der NPD. Der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Wolfgang Bosbach sagte der "Berliner Zeitung", Schröders Erklärung sei etwas zu einfach. Es sei zwar richtig, dass die Jugendarbeit ungenügend sei.

Das liege aber an der prekären Finanzlage von Ländern und Gemeinden, an der die rot-grüne Bundesregierung Mitschuld trage. CSU-Chef Edmund Stoiber warf der Bundesregierung auf einer CDU-Wahlveranstaltung in Kiel erneut vor, durch ihre Unfähigkeit bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit den Rechtsradikalen Zulauf von Protestwählern zu verschaffen.

Dem widersprach der ehemalige sächsische Ministerpräsident Kurt Biedenkopf. Bei vergangenen Landtagswahlen seien die Rechtsextremen auch bei einer hohen Arbeitslosenquote nicht so stark gewesen, sagte der CDU-Politiker in der ARD-Sendung "Sabine Christiansen". (APA/AP/dpa)