"Neue Zürcher Zeitung":
"Der mörderische Anschlag traf Beirut wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Hariri neigte in den letzten Monaten der antisyrischen Opposition zu (...) Obwohl er seine Ablehnung der Politik der Beiruter Anhänger Syriens nie bis zur offenen Konfrontation trieb, war er im Hinblick auf die Parlamentswahlen im Frühling zu einer Galionsfigur der libanesischen Eigenständigkeit geworden. (...) Für die Wahlen plante er ein spektakuläres Comeback. Aus dieser politischen Konfrontation ergab sich der nahe liegende Verdacht einer syrienfreundlichen Täterschaft. Dies schließt aber nicht aus, dass auch völlig andere Täter sich dahinter verstecken könnten. (...) Was die Bewohner des Zedernlandes wohl am schmerzlichsten trifft, ist die Ermordung einer echten - wenn auch umstrittenen Symbolfigur für die Wiedergeburt der libanesischen Tatkraft, Eigenständigkeit und Eigenwilligkeit nach dem Bürgerkrieg."
"Frankfurter Allgemeine Zeitung":
"Hariri war im Herbst von seinem Posten (als Ministerpräsident) zurückgetreten, weil er die Intrigen der Syrer und der mit ihnen verbundenen libanesischen Kräfte leid war. Damaskus hatte Druck ausgeübt und eine Verlängerung der Amtsperiode des ihm genehmen Staatspräsidenten Emile Lahoud erreicht. Seither war Hariri mehr und mehr zum Brennpunkt der antisyrischen Kräfte im Libanon geworden, und er hatte auch wieder Aspirationen auf das Amt des Regierungschefs zu erkennen gegeben. Mit Hariri verliert der Libanon jenen Mann, der in den neunziger Jahren maßgeblich den Wiederaufbau des bürgerkriegszerstörten Landes vorangetrieben hatte. Der Mord an Hariri und vielen anderen Menschen mitten in Beirut ist ein schwerer Rückschlag im Kampf gegen den nahöstlichen Terrorismus."
"Hariri, der während seiner Amtszeit eng mit Syrien kooperiert hatte, stand danach der Einmischung durch den Nachbarn kritischer gegenüber. Dennoch gehörte er nicht zur ersten Reihe der Syrien-kritischen Politiker. Daher halten es viele Beobachter für unwahrscheinlich, dass Syrien hinter dem Anschlag steht. Die Auswirkungen des Anschlags auf den Libanon und die Region sind schwer vorauszusagen. Das Land hat mit Hariri einen seiner besten Kontakte zum Internationalen Währungsfonds und anderen internationalen Finanzinstituten verloren."
"Wenn man sich fragt, wem dieses Verbrechen nützt, kommt als erste Antwort sehr wohl Syrien. Sicherlich gibt es dafür keinen Beweis, und es kann auch andere Schuldige geben. Syriens Präsident Bashar al-Assad hat größtes Interesse daran, die von Frankreich verlangte internationale Untersuchung des Beiruter Anschlags zu akzeptieren. Es geht ihm dabei darum, sich reinzuwaschen und von der internationalen Gemeinschaft nicht mit einem Bann belegt zu werden. Und dies umso mehr, weil sich Frankreichs Präsident Jacques Chirac durch den Tod seines sehr engen Freundes Hariri auch getroffen fühlen kann."
"The Guardian":
"The New York Times":
"Das Attentat auf den ehemaligen libanesischen Ministerpräsidenten Hariri ist ein politisches Verbrechen erster Güte. Das Attentat zielte auf einen der integersten libanesischen Politiker, auf den inneren Frieden des Landes und auf seine Hoffnungen, sich von syrischer Vorherrschaft zu befreien. Die beste Reaktion darauf wäre zunehmender Druck der internationalen Gemeinschaft auf Syrien, seine Truppen aus dem Libanon zurückzuziehen (...) Die Ermordung Hariris könnte libanesische Kritiker Syriens vorübergehend verstummen lassen. Längerfristig sollte das Attentat jedoch zu neuen Bestrebungen führen, Syrien zum Rückzug aus dem Libanon zu bewegen. (...)"
"La Repubblica" (Rom):
"Das Blutbad von Beirut hat die Büchse der Pandora geöffnet, und alle politischen und wirtschaftlichen Übel bloßgestellt, die hinter den schillernden Lichtern der Superluxushotels und den gedämpften der Nachtclubs der Geschäftemacher und Intriganten brüten: Der Libanon ist ein Land, das von außen und nicht von innen wiederaufgebaut wurde, mit instabilen Institutionen, mit gespenstischen Schulden und im Innern mit einem stummen Konflikt zwischen einigen westlichen Mächten und Syrien, das das Land nicht nur dominiert, sondern in all diesen Jahren geradezu geführt und dabei eines der korruptesten Orte der Welt daraus gemacht hat."
"El Mundo" (Madrid):
"Alles deutet darauf hin, dass hinter dem Anschlag von Beirut nicht ein ominöses Terrornetz steht, sondern ein ganzer Staat. Syrien hat den Libanon seit dem Ende des Bürgerkriegs einer eisernen Vorherrschaft unterstellt. Hariri stand mit Damaskus in Konflikt; denn er war gegen die Verfassungsreform, die dem syrischen Strohmann Emile Lahoud zu einer neuen Amtszeit als Staatspräsident verhalf. Mit seinen guten Beziehungen zum Westen war Hariri dem finsteren Regime in Damaskus ein Dorn im Auge. Syrien scheint nicht an einem Frieden im Nahen Osten gelegen zu sein, sondern daran, die Geduld Israels und der USA auf eine Probe zu stellen."
"Süddeutsche Zeitung" (München):