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Studie räumt mit Klischee vom kleinen, rückständigen Alpenland auf

Foto: APA/dpaweb/Bernd Weißbrod
Hamburg/Wien - Österreich verfügt europaweit nach Irland über die besten Standorte für "technologisch anspruchsvolle Industriebetriebe". Unter den "Top zwanzig" von insgesamt 1207 untersuchten Regionen in 25 EU-Ländern finden sich mit Rheintal-Bodensee, Linz/Wels, Steyr-Kirchdorf, Salzburg/Umgebung und Graz fünf österreichische Standorte. Zu diesem Ergebnis kommt eine vom deutschen manager magazin beauftragte Standortstudie. Die ersten acht Plätze der Rangliste gehen an Irland.

Viele Deutsche werden wenig begeistert sein, wenn sie heute das manager magazin aufschlagen. Darin lesen sie, dass ein früherer Werbeslogan eines Baumarktes für das ganze Land gilt: Großer Wert und kleiner Preis. "Österreich bietet gerade anspruchsvollen Produktionsunternehmen ein exzellentes Preis-Leistungs-Verhältnis", sagt Henner Lüttich, Chef der Standort-Beratungsfirma Contor und Autor der Studie zum Standard.

Lüttich nennt vor allem drei Gründe für das bessere Abschneiden: Erstens, die längeren Arbeitszeiten – während die Deutschen in einem Jahr rund 1586 Stunden arbeiten, roboten die Österreicher 1750 Stunden. Zweitens, die niedrigeren Steuern: Während die österreichische Körperschaftsteuer 25 Prozent beträgt, ächzen deutsche Firmen unter rund 39 Prozent.

Produktive Ösis

Drittens ist in Österreich die Relation Lohnkosten zu Produktivität besser. "In den neuen EU-Ländern erwirtschaftet ein Beschäftigter das Vierfache seines Arbeitslohns." In Österreich sei es "immerhin noch das 1,8- bis Zweifache", in Deutschland nur das 1,1- bis 1,4fache.

Auch sonst weise das kleine Österreich bessere Wirtschaftsdaten als sein großer Handelspartner auf, sagt der Studienautor. Das Wirtschaftswachstum sei höher, die Arbeitslosenquote geringer. Schon seit 1999 liege die Wirtschaftsleistung pro Kopf höher. Und: Die Österreicher seien derzeit um zwölf Prozent reicher als die Deutschen.

Ösis punkten mit niedriger Kriminalität

"Beide Länder haben die gleiche Sprache und eine ähnliche Infrastruktur, aber Österreich ist Reformen angegangen, die in Deutschland noch niemand angepackt hat", tadelt Lüttich. Er verweist außerdem auf niedrigere Kriminalität und Korruption in Österreich.

Über die Studie freut sich René Siegl, Chef der Austrian Business Agency (ABA): "Österreich ist das bessere Deutschland."

Für die Studie wurden 1207 Regionen in allen 25 EU-Mitgliedsstaaten analysiert. Sämtliche österreichischen Regionen liegen vor den besten deutschen. Vier österreichische Gebiete schafften es sogar unter die Top Ten der Europäischen Union (EU) insgesamt. Die besten deutschen Regionen dagegen finden sich abgeschlagen ab Rang 443. (Birgit Baumann aus Berlin, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 18.2.2005)