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Gerhard Schröder - hier zu Beginn der Woche nach einem Foto- termin im Kanzleramt in Berlin - sorgt mit seinem Debattenbeitrag für die Münchner Sicherheitskonferenz für Kontroversen.

Foto: REUTERS/Tobias Schwarz
Berlin/Brüssel - "Die Nato ist jedoch nicht mehr der primäre Ort, an dem die transatlantischen Partner ihre strategischen Vorstellungen konsultieren und koordinieren" - dieser Satz aus der Rede des deutschen Kanzlers Gerhard Schröder bei der Münchner Sicherheitskonferenz sorgt nach wie vor für Diskussion. Schröder, der wegen einer Erkrankung nicht an dem Treffen in der bayerischen Landeshauptstadt teilnehmen hatte können, hat seinen Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) dort auch noch verlesen lassen, dass man für eine Reform der Nato ein Experten-Gremium einrichten solle.

CDU-Außenpolitik-Experte Wolfgang Schäuble kann dem nichts abgewinnen und empfiehlt Schröder stattdessen den direkten Weg: "Wenn Bundeskanzler Schröder das Bedürfnis hat, mit Bush über die Substanz der Probleme ernsthaft zu reden, muss er dafür kein Expertengremium einsetzen, dann soll er mit Bush reden." Schäuble warf der deutschen Regierung vor, selbst keine Antworten auf die Fragen nach den transatlantischen Beziehungen zu haben.

Gelegenheit für einen kleinen Nato-Vortrag böte sich ja kommende Woche, wenn Bush die Nato in Brüssel besucht und anschließend vom deutschen Kanzler in Mainz empfangen wird. In Berlin hieß es am Donnerstag, es sei gut möglich, dass Schröder das Thema ansprechen werde.

Laut der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung werde in Regierungskreisen überlegt, dem früheren US-Präsidenten und Vater des jetzigen Amtsinhabers, George Bush, die Leitung des Gremiums anzutragen. Diesem sollten nur ehemalige Staatsoberhäupter und Regierungschefs angehören.

"Enormes Kommunikationsproblem

Ein Nato-Funktionär sieht im STANDARD-Gespräch ein "enormes Kommunikationsproblem" Schröders: "Diesen Redetext nicht vorher in der Nato zu avisieren, sondern via Zeitung bekannt zu machen, das hat die USA und auch Nato-Generalsekretär Scheffer verärgert. Damit trat genau das ein, was alle vor dem Nato-Gipfel mit der USA vermeiden wollten - ein Pallawatsch." In der Sache selbst glaubt der Nato-Funktionär, dass Schröder und Scheffer gar nicht so weit auseinander liegen: "Auch Scheffer will eine politischere Nato, das unterscheidet ihn von seinem Vorgänger."

Die Notwendigkeit für eine solche Politisierung habe der Kosovo bewiesen: "Die Nato war zwar dort auf Peace-Keeping-Mission, war aber von den politischen Vorgängen dort völlig überfordert." Auf jeden Fall werde Schröders Vorschlag für Diskussionen am Nato-Gipfel sorgen. Die hält der Nato-Funktionär auch für notwendig, denn: "Gerade Bush hat die Verbündeten teils vor ein Fait accompli gestellt und nur noch gefragt, in welcher Gruppenstärke sie sich beteiligen." (Birgit Baumann, Eva Linsinger/DER STANDARD, Printausgabe, 18.2.2005)