Wien - Der Rechnungshof (RH) wirft der Kunsthalle Wien vor, falsche Besucherzahlen veröffentlicht zu haben. "Die vom Verein Kunsthalle Wien bekannt gegebenen Besucherzahlen waren erheblich höher als die tatsächlichen Besucherzahlen", heißt es laut dem aktuellen Nachrichtenmagazin "profil" in einem Rechnungshof-Endbericht, der die Jahre 1999 bis 2003 behandelt.

2001 seien um 50.916 Personen weniger Besucher zu verzeichnen gewesen als ursprünglich angegeben, 2003 habe die Kunsthalle laut Rechnungshof 40 Prozent aufgeschlagen: 73.789 Personen. Statt der veröffentlichten 184.658 Besucher hätten in Wahrheit nur 110.869 die Kunsthalle frequentiert. Die irreführenden Besucherzahlen würden sich dadurch erklären, dass die Kunsthalle Unternehmen und anderen Veranstaltern im Wege von Kooperationsverträgen Kartenkontingente zur Verfügung gestellt hat, die zur Gänze in die Besucherstatistik aufgenommen worden wurden - auch wenn die Karten nie genützt wurden.

Kunsthallen-Direktor dementiert

Kunsthallen-Direktor Gerald Matt weist die Vorwürfe zurück: "In den Berichten an den Vorstand ist genau aufgelistet, wie viele Karten Sponsorenkarten sind. Nichts wird verschwiegen. Ich bin im Gegenteil stolz darauf, dass wir mit den Sponsorenkarten einen zusätzlichen Vertriebsweg gefunden haben." Es sei gelungen, sowohl die Einnahmen zu erhöhen als auch neue Besucher zu gewinnen. Die Gesamteinnahmen konnten laut Matt gegenüber 2000 von 690.000 Euro auf 880.000 Euro gesteigert werden. Eine Strategie, "die vom Vorstand mitgewünscht und vom Kontrollamt als positive unternehmerische Maßnahme begrüßt wurde", so Matt.

In den Kunst- und Kulturberichten der Stadt Wien sind die Sponsorenkarten nicht ausgewiesen worden. Im Büro von Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (S) liegt man auf Matts Linie: "Sponsorenkarten sind Tickets, wenn auch keine Besucher."

Matt: "Vorwürfe des RH sind politische Machtspiele"

"Kaum ein Haus unterscheidet so transparent wie wir zwischen Ticketverkauf und Besuchern", so Matt. Die RH-Vorwürfe wertet Matt als "politische Machtspiele".

Kritik am Freikartenanteil

Kritisiert wird vom Rechnungshof auch der hohe Anteil an Freikarten und ermäßigten Karten. Im Jahr 2003 hat die Kunsthalle 21 Prozent der Karten verschenkt und 53 Prozent verbilligt abgegeben. "Weil wir ein junges Publikum haben, haben wir auch einen höheren Anteil an verbilligten Karten wie etwa Studententickets", sagt Matt dazu.

"Der Rechnungshof-Bericht will den Eindruck erwecken, dass wir unsere Besucherzahl frisieren. Wir gehören zu den best besuchten Häusern für zeitgenössische Kunst in Europa, und werden auch künftig nicht mit unserem Programm auf Quote machen, wie man uns das offenbar empfiehlt", sagte Matt weiters. Abseits der "Warhol-Ausnahme", wo diese Ausstellung alleine schon 85.000 Besucher verzeichnete, konnte die Kunsthalle "jährlich zwischen 110.000 bis 150.000 Besucher, nach Zählweise des Rechnungshofes, gewinnen", so Matt in einer Aussendung.

"Wir lassen uns durch Zahlenspielereien nicht klein reden!" "Bewusst wurde in dem Artikel auch nicht festgehalten, dass die Zahlen der Freikarten etwa von 1999 bis 2002 von 18 Prozent auf 11 Prozent zurückgingen", heißt es in der Ausendung. "Man muss sich einmal vergegenwärtigen, dass das MAK 79 Prozent Freikartenanteil im Jahr 2002 aufwies", so Matt gegenüber der APA. "Bei der RH-Kritik wird Kulturpolitik auf dem Rücken der zeitgenössischen Kunst und der Kunsthalle mit Zahlenspielereien ausgetragen".

Als "Geschwätz" bezeichnete Matt Gerüchte von möglichen Übersiedlungswünschen der Kunsthalle in ein künftiges "Haus der Kulturen" auf der Donauplatte. "Ich glaube nach wie vor an das Museumsquartier. Wir wollen es nicht verlassen, aber verbessern", so Matt.

ÖVP: Gegenseitige Verteidigungsstrategie von Matt und Mailath-Pokorny

Andreas Salcher, Wiener Kultursprecher der ÖVP, nahm mittels Aussendung zur RH-Kritik an der Kunsthalle Stellung: "Vor zwei Wochen noch hat der Direktor der Kunsthalle in einem Profil-Artikel den Kulturstadtrat als 'einen der erfolgreichsten der Geschichte' bezeichnet und ihm Rosen gestreut. Was wir hier beobachten können, ist eine gegenseitige Verteidigungsstrategie, die aber nicht darüber hinwegtäuschen kann, dass sowohl im Ressort Mailath-Pokorny als auch laut jüngstem Rechnungshof-Bericht bei der Kunsthalle Einiges schief läuft". (APA/red)