Das Wappen der schlagenden Burschenschaft Gothia trägt die Aufschrift: "Ehre-Freiheit-Vaterland!"

Screenshot: derStandard.at
Noch bevor alle Fraktionen ihre Kandidaten für die nächsten ÖH-Wahlen bekannt gegeben haben, sorgt bereits ein Bewerber für Diskussionen. Für den Ring freiheitlicher Studenten (RFS) geht ein neuer, umstrittener Spitzenkandidat in den Wahlkampf: Gernot Schandl, 22 Jahre alt, WU-Student und Mitglied bei der schlagenden Wiener Burschenschaft Gothia.

Kanzler Olifaktor

Politische Erfahrungen sammelte er auf der deutschen Internet-Plattform Dol2Day (Democracy Online Today), wo in einer Art virtuellen Kleinstadt mit über 10.000 Mitgliedern politische Diskussionen und demokratische Prozesse stattfinden. Schandl trat 2003 für die virtuelle Partei FUN (Freiheitlich, Unabhängig, National) unter dem Pseudonym "Olifaktor" als "Kanzlerkandidat" an.

"Rechtsextremistische Bestrebungen"

Das Problem: Der niedersächsische Verfassungsschutz wurde auf die FUN aufmerksam und kritisierte insbesondere, dass sich unter den virtuellen Politikern auch zahlreiche "echte" Funktionäre der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) befanden. Im bundesdeutschen Verfassungsschutzbericht 2002 wurde die FUN im Kapitel "rechtsextremistische Bestrebungen" erwähnt. Der Bericht im Wortlaut: "Über das Internet hinaus zeigt sich die FUN-Partei auch offen für die Zusammenarbeit mit rechtsextremistischen Gruppierungen im 'realen Leben'".

Virtuelle Löschung

Für die Verantwortlichen der demokratischen Plattform Dol2Day Grund genug, die "Partei" zu löschen. "Die Löschung passierte nur aus Angst vor schlechter Nachrede", kritisiert Schandl heute im Gespräch mit derStandard.at/Uni. Er sei ein Freund der Meinungsfreiheit und sehe kein Problem in seiner damaligen Beteiligung an den Freiheitlich-Unabhängigen-Nationalen.

Wenn alle untreu werden

Auf seiner Profilseite bei Dol2Day finden sich im Bereich politisches Statement auch heute noch unter anderem Auszüge aus dem in rechten Kreisen beliebten und oft als inoffizielle SS-Hymne bezeichneten Lied "Wenn alle untreu werden". Schandl findet nichts dabei: "Ein Lied kann sich nicht aussuchen, von wem es gesungen wird". Auch der momentane Vorsitzende des RFS, Christoph Völk, hat kein Problem mit dem musikalischen Geschmack seines Kandidaten: "Ein schönes Lied, das für mich Heimatliebe und Kameradschaft bedeutet". Die Leser seiner Seite mit 'Heil!' zu begrüßen, findet Schandl ebenfalls unproblematisch: "In korporierten Kreisen ist dieser Wohlergehensgruß völlig normal".

Dokumentationsarchiv warnt

Willi Lasek vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW) findet klare Worte zur Kandidatur Schandls bei den ÖH-Wahlen: "Durch den Background der Gruppe FUN ist die heutige Kandidatur von Schandl eine Sache, die man kritisch betrachten muss". Lasek weiters: "Wenn man nach den damaligen deutschen Berichten geht, handelte es sich bei der FUN um eine Gruppierung, die von den Verfassungsschutzbehörden als rechtsextrem eigestuft wurde".

FKK-Club

Christoph Völk hält nichts von der Einschätzung des Dokumentationsarchives: "Was das DÖW sagt, interessiert mich ungefähr so sehr wie die Meinung eines FKK-Clubs", spottet er. Schandl dazu: "Das Programm der FUN war rechtlich einwandfrei, gesperrt wurde die Partei, weil man verhindern wollte, dass sich intellektuelles rechtes Potential formiert". Der Obmann des Ringes Freiheitlicher Jugend, Johann Gudenus, sieht ebenfalls kein Problem in der Kandidatur von Schandl: "Er ist ein unbescholtener Bürger, den das DÖW in ein einschlägiges Eck rücken will".

ÖH fordert Untersuchung

"Jede Fraktion kann natürlich selbst entscheiden, wen sie als KandidatIn für die ÖH-Wahl 2005 aufstellt", meint Barbara Wittinger, ÖH Vorsitzende."Der RFS bietet Gernot Schandl, der in virtuellen Organisationen mit "rechtsextremistischen Bestrebungen" tätig war, ein Podium. Das Innenministerium ist gefordert, Formierungen von solchen Organisationen kritisch und genau zu untersuchen".

Die Frage, ob er sich auch heute noch mit den Inhalten der FUN-Partei identifizieren würde, bejaht Schandl. Mit der Einschränkung, "dass ich einige Sachen nur gesagt habe um zu provozieren, und da heute bedeutend vorsichtiger vorgehen würde". (az)