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Trotz seiner Charmeoffensive hat George W. Bush als Feindbild nicht ausgedient: Demonstranten in Brüssel.

Foto: REUTERS/Yves Herman
Hubschrauber knatterten über der Stadt, die Straßen um das Europaviertel waren abgesperrt, sogar die EU-Kommission blieb verschlossen und verdonnerte ihre Beamten zu Heimarbeit. Brüssel war Dienstag eine Stadt im Ausnahmezustand. Dennoch schafften es immer wieder Demonstranten, die Sicherheitsschranken zu überwinden und "Bush go home" zu skandieren. Auch die Europazentrale des US-Waffenherstellers Lockheed Martin hielten sie kurz besetzt.

Wenn schon die belgischen Protestierer US-Präsident George W. Bush einen derart unfreundlichen Empfang bereiteten, setzte er zumindest auf der Ebene der Staats- und Regierungschefs auf positivere Töne. Seinen ärgsten Kritiker, Frankreichs Präsident Jacques Chirac, hatte er schon Montag zum Abendessen getroffen und mit ihm charmiert. Der Dienstagvormittag stand dann ganz im Zeichen seiner "Buddies": Mit seinem treuesten Verbündeten, Großbritanniens Premier Tony Blair, traf er sich zum Frühstück, danach traf er seinen italienischen Verbündeten, Premier Silvio Berlusconi.

Erst nach diesen Einzeltreffen war Bush für das Nato-Meeting und dann für den Gipfel mit den 25 Staats- und Regierungschefs bereit. Nicht mehr als 90 Minuten dauerte dieser EU-USA-Gipfel - das ließ nicht viel Zeit für Diskussionen. Daher wurde das Gipfeltreffen sorgfältig orchestriert, zehn Staatschefs erhielten Sprecher-Rollen zugewiesen. So referierte Chirac über die Rolle der EU, Österreichs Kanzler Wolfgang Schüssel über den Balkan und der deutsche Kanzler Gerhard Schröder über den Iran.

Gemeinsame Ziele

Hier verfolgen die EU und die USA gegensätzliche Ansätze: Während die EU-3 (Deutschland, Großbritannien, Frankreich) den Iran mittels Verhandlungen von seinem Nuklearweg abbringen will, setzen die USA auf Drohungen mit Militärschlägen. Ähnlich grundsätzliche Differenzen gab es beim Thema China: Die EU will das Waffenembargo aufheben, wogegen die USA protestieren.

Da aber der Gipfel im Zeichen der Versöhnung stehen und die transatlantischen Beziehungen erneuern sollte, war man in den Schlusserklärungen sehr darauf bedacht, die gemeinsamen Ziele vor den getrennten Weg zu stellen. So hieß es zum Iran: "Weder EU noch USA wollen Atomwaffen im Iran." Zum Streitthema Kioto-Protokoll wurde lapidar vermerkt: "Der transatlantische Dialog zum Klimawandel muss erneuert werden." Und zum Irak: "Alle wollen einen friedlichen und demokratischen Irak."

Denn, so die prinzipielle Kompromissformel: "Verschiedene Zugangsweisen der EU und der USA sind nicht problematisch, wenn sie einander ergänzen." In dieser Vagheit konnte keiner widersprechen. Womit das Ziel der Einigkeit erreicht war. (DER STANDARD, Printausgabe, 23.2.2005)