Berlin/Frankfurt - Der Kurzbesuch von US-Präsident George W. Bush in Deutschland und sein Treffen mit Bundeskanzler Gerhard Schröder werden am Donnerstag von der Presse ausführlich kommentiert:

"Frankfurter Allgemeine Zeitung" (FAZ):

"Die Gesichter, die der Kanzler und sein Gast im Mainzer Schloss im Blitzlichtgewitter der Kameras machten, vermittelten nicht den Eindruck, als ob zwischen den beiden Männern noch einmal eine tiefe persönliche Freundschaft erblühen wird. Zuvorkommend, respektvoll war der Umgang, herzlich wirkte er nicht. Mit diesen Gesten hatte der Besuch in Mainz seine wichtigste Funktion erfüllt: Der deutschen Öffentlichkeit sollte vorgeführt werden, dass die Zeiten des steifen Händedrucks vorüber sind. (...) Völlig vom Tisch ist die Causa Irak aber nicht, das konnte auch der wohlinszenierte Tag in Mainz nicht verdecken."

"Süddeutsche Zeitung" (München):

"Zwei Themen übergingen Schröder und Bush geflissentlich: Kein Wort war zu hören über das Bestreben der Europäischen Union, das Waffenembargo gegen China aufzuheben; vor allem im amerikanischen Kongress war dieses Ansinnen, für das sich gerade Schröder immer wieder stark gemacht hat, zuletzt auf heftigen Protest gestoßen. Ein zweites Nicht-Thema im direkten Dialog bleiben vorerst auch die Ambitionen der deutschen Bundesregierung auf einen ständigen Sitz im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen."

"Frankfurter Rundschau":

"Viele Eindrücke von einem so gewandelten transatlantischen Verhältnis kann ein abgeschirmter US-Präsident nach elf Besuchsstunden aus Mainz kaum mitnehmen. Muss er auch nicht: Es ist nach Aufhellung der Stimmung die Sache selbstbewusster deutscher Gesprächspartner, in Washington dem falschen Eindruck vorzubeugen, dass ein paar nette Gesten für 'Gerhard' den Germans schon reichen könnten."

"Berliner Zeitung":

"Inzwischen brauchen die Mainzer keine Ruinen mehr, um sich zu vergewissern, dass sie sich tatsächlich bis zum heutigen Tag auf einem Kriegsposten befinden. Seit der Oberbefehlshaber der mächtigsten Armee der Erde seinen Besuch am Rhein angekündigt hatte, erlebten die Bewohner mitten im tiefsten Frieden die Verwandlung der ehemaligen Festungsstadt in einen gigantischen Hochsicherheitstrakt."

"die tageszeitung" (taz) (Berlin):

"Bushs Lachen nicht reicht, um die Deutschen von seiner Friedfertigkeit zu überzeugen. Was bei der 'George und Gerhard haben sich wieder lieb'-Show zählt, ist der Ton, nicht die Substanz. (...) Der Kanzler freut sich ueber jeden Satz, der irgendwie versöhnlich klingt. Immerhin sei man, was den Iran angeht, 'in den Zielen' einig, sagt Schröder und lässt die Wege dahin unerwähnt. Dass Bush keineswegs daran denkt, auf militärische Optionen zu verzichten? Lässt sich wohl nicht ändern. (...) Es ist ein Geben und Nehmen. Schröders Geben besteht auch darin, mögliche Kritikpunkte wie Guantánamo oder den US-Boykott des Internationalen Strafgerichtshofs gar nicht anzusprechen."

"General-Anzeiger" (Bonn):

"Jetzt also 'Partner im Frieden': Bush hat den aktuellen Stand der deutsch-amerikanischen Beziehungen auf den Punkt gebracht. Von einer Führungsrolle in militärischen Fragen will die deutsche Politik nichts wissen. Kanzler Schröder hat immer wieder betont, sich auf 'Abenteuer' nicht einlassen zu wollen. Insoweit ist das Wort von Bushs Vater, der vor 15 Jahren ebenfalls in Mainz eine 'partnership in leadership' in Aussicht stellte, überholt. Zwischen Berlin und Washington dominiert eine äußerst pragmatische Arbeitsatmosphäre."

"Stuttgarter Zeitung":

"So bleibt nach der Reise von Bush das Fazit: Die politischen Differenzen sind noch längst nicht ausgeräumt. Das liegt zum einen am Machtgefälle zwischen Europa und Amerika, zum anderen daran, dass die Interessen nach dem Ende des Kalten Krieges auseinander streben - vom Streit über die Methoden, Konflikte in der Welt zu bereinigen, ganz abgesehen..."

"Stuttgarter Nachrichten":

"Mainz, wie es winkt und lacht: Gerhard Schröder und George W. Bush verstehen ihr Handwerk, wenn es darum geht, gute Laune zu verbreiten. Um demonstrativ mit fröhlichen, fast ins Vertraute weisenden Gesten und Worten eine einzige Botschaft unters Volk zu streuen: Das Verhältnis zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und der Bundesrepublik Deutschland ist wieder in Ordnung. Jetzt gilt es, gemeinsam Strategien auf- und Misstrauen abzubauen. Auf beide wartet viel Arbeit..." (APA/AFP/dpa)