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Unter anderem ein Kennzeichen Hochbegabter Kinder: Der Hang zu kreativem Chaos

Foto: APA/Gindl

Obwohl Will Hunting eigentlich über außergewöhnliche mathematische Begabungen verfügt, jobbt er am MIT (Massachusetts Institute of Technologyin Boston) nur als Reinigungsmann. Doch bald entdecken die Professoren die Fähigkeiten des zornigen jungen Mann, die in keinem Verhältnis zu seiner Herkunft und seiner Beschäftigung stehen: er hat ein fotografisches Gedächtnis und kann die schwierigsten mathematischen Aufgaben im Handumdrehen lösen.

Die Rede ist natürlich von der Hauptfigur des Filmes "Good Will Hunting", deren Lebensweg in der Realität wohl etwas anders ausgesehen hätte. Denn wurde eine Höchstbegabung in früher Kindheit nicht erkannt und gefördert, versanden die besonderen Fähigkeiten sehr oft ungenutzt. 2 bis 3 Prozent aller Kinder weisen im Durchschnitt eine Hochbegabung auf, nur 20 Prozent davon sind vielseitig begabt, etwa 80 Prozent können auf einer einseitige Begabung aufbauen.

Hochbegabung feststellen

"Symptome" für die Hochbegabung sind bei Kindern etwa gutes Beobachtungsvermögen, schnelle und effektive Auffassungsgabe, für das jeweilige Alter unübliche Interessen, Abstraktionsfähigkeit, Perfektionismus und frühes Interesse an Zahlen oder Buchstaben. Eine "Checkliste" zum Erkennen von Hochbegabungen existiert allerdings nicht.

"Eine Hochbegabung stellt bei uns nur der schulpsychologische Dienst mit eigens ausgearbeiteten Tests fest", so Angelika Prodinger, Leiterin der Arbeitsgemeinschaft der Hochbegabtenförderer Niederösterreichs und Lehrerin am Don Bosco-Gymnasium Unterwaltersdorf. An ihrer Schule wird Hoch- und Höchstbegabung aktiv gefördert, in jeder Klasse wird mindestens ein/e SchülerIn mit konstatierten außergewöhnlichen Fähigkeiten unterrichtet.

So früh wie möglich

Dass eine vorhandene Hochbegabung auch festgestellt werden kann, liegt vor allem in den Händen der Lehrpersonen. Sie sind meist die ersten, die auf entsprechende Indikatoren aufmerksam werden und Vermutungen äußern. "Das sollte eigentlich so früh wie möglich passieren, am Besten noch im Kindergarten", so Prodinger, die 1998 zum "Master of gifted education" (ECHA-Diplom) graduierte. "Passiert das nicht, kann sich aus einem hochbegabten Kind ein richtiger Problemfall entwickeln. Das Kind ist dann regelmäßig unterfordert, langweilt sich und versucht seine Kräfte anders abzuleiten." Oft beginnen die Betroffenen den Unterricht zu stören, wirken "hyperaktiv", fallen durch schlechte Leistungen auf und passen so gar nicht in das Bild eines "talentierten" Schülers.

Passendes Umfeld

Wird Hochbegabung mit Hilfe eines international anerkannten Intelligenztest "diagnostiziert", ist das jedoch noch keine Garantie für eine außergewöhnliche Karriere. "Wichtig ist das allgemeine Umfeld, das passen muss. Oft reagieren Eltern mit Skepsis oder der Schüler selbst ist einfach nicht mehr zu motivieren." Auch der Umgang mit dem "Stempel Hochbegabung", kann Kinder überfordern. "Vor allem Mädchen tendieren dazu, sich nach unten zu nivellieren", so Prodinger. Ideale Bedingungen für die Entwicklung Hochbegabter: Ein positiver Klassenverband und eine speziell auf die Person und die Ausprägung der Begabung abgestimmte Förderung.

Junger Förderschwerpunkt

Vom Ministerium wird der Themenkomplex "Hochbegabung" erst in den letzten sechs Jahren besondere Aufmerksamkeit zuteil. "Innerhalb der letzten Jahre konnten wir in dieser Hinsicht einen erfolgreichen Aufholprozess starten", so Thomas Köhler, beim BMWK zuständig für Begabtenförderung. Seit 1998 wird auch die spezielle Ausbildung für PädagogInnen, das ECHA-Diplom (European Council of High Ability) von den Landeschulräten finanziert, Unterrichtswerteinheiten zur Hochbegabtenförderung zur Verfügung gestellt.

Samstagskurse

"Um diese Werteinheiten zittern wir zwar jährlich wegen Einsparungsmaßnahmen", so Angelika Prodinger, "dieses Jahr wurden sie in Niederösterreich jedoch wieder genehmigt". Im Don Bosco-Gymnasium Unterwaltersdorf werden Hochbegabte in Kursen gefördert, die außerhalb der regulären Schulzeit am Samstag stattfinden. "In diesen Kursen spielt das Alter oft keine Rolle. Wir haben zum Beispiel gerade einen Film realisiert, bei dem die Jüngeren Drehbuch, Regie und Produktion übernahmen, die Älteren als Schauspieler agierten", berichtet Prodinger aus dem Unterrichtsalltag.

Die Gefahr, dass Hochbegabung "versandet", stuft Prodinger als "sehr hoch" ein. Oft würden Verhaltensauffälligkeiten falsch interpretiert, "Hyperaktivitäten" diagnostiziert oder Begabungen einfach übersehen. Doch auch, wenn die Bagabungen rechtzeitig erkannt und gefördert werden, haben die betroffenen Kinder keinen leichten Weg vor sich. Denn wer anderen um einiges voraus ist, begegnet nicht nur Bewunderung, sondern auch Spott. Unterstützung für Kinder und Eltern bieten die Schulpsychologischen Beratungsstellen der Bundesländer.(mhe)