In seiner ersten Publikation, für die er später mit dem Nobelpreis ausgezeichnet werden sollte, stellte Albert Einstein die Lichtquantenhypothese auf. Bereits fünf Jahre zuvor hatte Max Planck entdeckt, dass sich "schwarze Strahlung", wie sie beispielsweise in einem erhitzten Backrohr auftritt, so verhält, als ob sie mit ihrer Umgebung nur ganz bestimmte Energieportionen (Quanten) austauschen könnte. Einsteins Neuerung bestand in der daraus entwickelten Vermutung, dass elektromagnetische Strahlung, also auch das Licht, das von der Sonne oder aus der Glühbirne kommt, tatsächlich aus Teilchen besteht. Die Argumentation, mit der er dank dieser Annahme den so genannten fotoelektrischen Effekt erklären konnte, gehört mittlerweile zum Standardrepertoire des Physikunterrichts.
Noch leichter ist der Grundgedanke von Einsteins zweiter Arbeit zu fassen. Im Kern handelt es sich dabei um eine genial einfache Idee, die Existenz von Atomen und Molekülen aus Beobachtungen zu erschließen: Wenn die Moleküle einer Flüssigkeit gemäß der von Ludwig Boltzmann entwickelten Theorie der Wärme in ständiger Bewegung sind, so müssen sie für größere, in der Flüssigkeit befindliche Teilchen wie etwa Fetttröpfchen ein ständiges Bombardement darstellen, diese auf eine unregelmäßige Weise hin und her stoßen und auf diese Weise zu einem zittrigen Umherwandern zwingen. Nach Einsteins Berechnungen sollte dieser Effekt, der mit der Brown'schen Bewegung identisch ist, groß genug sein, um unter dem Mikroskop beobachtet werden zu können. Er stellte damit eine neue Methode der Überprüfung von Boltzmanns Theorie dar - und erlaubte zudem die Bestimmung der Molekülmassen. Auch die Bedeutung von Einsteins dritter Veröffentlichung des Jahres 1905, die der Speziellen Relativitätstheorie, liegt nicht in der Kompliziertheit oder Abgehobenheit von Berechnungen, sondern in der Einfachheit der Grundidee: Der Ausgang der damals bereits zwanzig Jahre zurückliegenden Experimente von Michelson und Morley hatte ergeben, dass die Ausbreitungsgeschwindigkeit des Lichts offenbar nicht vom Bewegungszustand des Beobachters abhängt. Das stand im Gegensatz zur alltäglichen Erfahrung, dass die Geschwindigkeit eines Objekts aus der Sicht eines Beobachters, der ihm nachläuft, kleiner wird.
Namhafte Denker wie Hendrik Lorentz und Henri Poincaré folgerten, dass sich dies nur erklären ließ, wenn weitere ungewöhnliche Effekte wie eine scheinbare Verlangsamung bewegter Uhren und eine scheinbare Verkürzung bewegter Gegenstände angenommen wurden. Die Integration dieser neuen Befunde in eine kohärente Auffassung von Raum und Zeit gelang allerdings nicht ihnen, sondern dem unbekannten Beamten aus dem Patentamt, und zwar wieder, weil er unter allen möglichen Antworten die einfachste fand: Die Verlangsamung bewegter Uhren und die Verkürzung bewegter Gegenstände waren ihm zufolge nicht scheinbar, sondern real. Der wichtigste Schritt für ihn war, sich von der Idee einer für alle Beobachter geltenden universellen Zeit zu lösen. Daraus ergaben sich fast zwangsläufig jene relativistischen Effekte, für deren systematische Herleitung aus heutiger Sicht nicht mehr als Mittelschulmathematik nötig ist.
Einsteins wahres Meisterstück aber war die Allgemeine Relativitätstheorie, deren Entwicklung ihn fast zehn Jahre in Anspruch nahm. Sie besteht, vereinfacht gesagt, in der Identifizierung der Schwerkraft mit der "Geometrie der Raumzeit". In ihrem Kern enthält sie ein Gesetz, das beschreibt, wie die Materie die Raumzeit krümmt. Im Gegensatz zu den oben besprochenen Theorien sind ihre Grundgedanken ohne höhere Mathematik kaum nachzuvollziehen. Dennoch gilt sie seit ihrer Veröffentlichung nicht nur als physikalisch-mathematische, sondern auch als ästhetische Glanzleistung.
In den Folgejahren wurden aber auch die Begrenzungen des Einstein'schen Denkens deutlich. Erstens konnte oder wollte er sich nicht mit der Quantentheorie anfreunden, an der er selbst maßgeblichen Anteil hatte, die aber von gänzlich anderer Natur war als die Relativitätstheorie. Sogar der legendäre Scharfsinn seiner Argumente gegen Niels Bohrs Interpretation der Quantentheorie (das so genannte Einstein-Podolsky-Rosen-Paradoxon) wandte sich letzten Endes gegen seine ursprüngliche Intention, als seine Analyse und ihre Fortführung durch John Bell ab den 1980er-Jahren zur Grundlage einer Reihe erfolgreicher experimenteller Überprüfungen der Quantentheorie wurde.
Zweitens war sein Begriff von der Schönheit und Einfachheit der Naturgesetze, vom Erfolg der Allgemeinen Relativitätstheorie mitgeprägt, sehr stark geometrisch orientiert. Eines seiner Ziele der späteren Zeit bestand darin, die Schwerkraft und die elektromagnetische Wechselwirkung gemeinsam als Ausdruck einer geometrischen Eigenschaft der Raumzeit zu interpretieren. Während die Entwicklungen der Quantentheorie und der Teilchenphysik immer deutlicher zeigten, dass sich die physikalischen Gesetze nicht auf Geometrie reduzieren lassen, verharrte er auf diesem letztlich erfolglosen Weg.
Viel ist über die Frage spekuliert worden, welche von Einsteins Beiträgen über kurz oder lang von anderen geleistet worden wären, hätte es ihn nicht gegeben. Den vielleicht entscheidenden Grund für die Produktivität einer einzigen Person auf so vielen Gebieten hat er selbst erzählt: mit der Anekdote vom Bären im Zoo, der nicht wie die anderen die Futterstückchen vor seiner Nase sucht, sondern sich aufrichtet und ein bisschen weiter blickt. (Franz Embacher/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 5./6. 3. 2005)