Kriege sind eine der Hauptursachen für die Einschränkung der Medienfreiheit. Das erklärte der Medienbeauftragte der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), Freimut Duve, am Dienstag bei der Präsentation seines Jahresberichts 1999/2000 in Wien. Duve verwies darauf, dass etwa in Russland Journalisten, die kritisch über den Tschetschenien-Krieg berichteten, nicht so sehr von der Regierung, sondern durch die allgemeine Stimmung in der Öffentlichkeit zu "Verrätern" gestempelt würden. Österreich nicht problematisch Ebenso gebe es in Österreich für den OSZE-Beauftragten keinen Grund zum Einschreiten. Bei politischen Interventionen in Radio oder Fernsehen gebe es eine breite öffentliche Diskussion und jeder unter Druck geratene Journalist könne sich öffentlich äußern. Auch im Fall der evangelischen Superintendentin Gertraud Knoll, der "Besorgnis erregend" sei, bestehe noch kein Anlass, wegen Medien-Hetze einzuschreiten. Journalisten als Zielscheibe Der OSZE-Medienbeauftragte, der seit fast zweieinhalb Jahren seine Tätigkeit ausübt, kritisierte aber auch die NATO, die während des Kosovo-Krieges das Medienzentrum in Belgrad angegriffen habe. Journalisten dürften nie zur Zielscheibe militärischer Angriffe werden, betonte er. Zugleich übte er aber heftige Kritik am Regime des jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milosevic. Unter dem Vorwurf, der "Intervention des Imperialismus" Vorschub zu leisten, würden finanzielle Hilfen der internationalen Gemeinschaft an die unabhängigen Medien in Serbien konfisziert. Abgesehen von Serbien sieht Duve die größten Schwierigkeiten für die Medien in den Nachfolgerepubliken der früheren Sowjetunion, ausgenommen die baltischen Staaten. In Russland habe sein Büro für den Journalisten Andrej Babizki interveniert, der wegen seiner Berichterstattung über den Tschetschenien-Krieg festgenommen und später freigelassen wurde. Zahlreiche Probleme gebe es auch in der Ukraine und Zentralasien, insbesondere in Kirgisien. Duve lobte ausdrücklich, dass die amtierende OSZE-Vorsitzende Außenministerin Benita Ferrero-Waldner ihre Besorgnis über die Verfolgung von Journalisten in Weißrussland zum Ausdruck gebracht hatte. Dort waren vor kurzem bei einer Demonstration zahlreiche Medienvertreter von der Polizei festgenommen worden. Verflechtung von Industrie und Medien Der Medienbeauftragte kritisierte auch die starke Verflechtung von Industrie und Medien in Russland als Gefahr für die Medienfreiheit. Er nannte als Beispiel den Unternehmer Boris Beresowski. Aber auch im Westen gebe es ähnliche Erscheinungen, etwa den italienischen Medienzaren Silvio Berlusconi oder den aus Australien stammenden Tycoon Rupert Murdoch. Aber auch auf anderer Ebene sei in westlichen Staaten die Freiheit der Medien nicht immer gewährleistet, stellte Duve fest. So gebe es in Großbritannien ein Gesetz, das Journalisten zwinge, den Behörden ihr Wissen über polizeilich gesuchte Personen preiszugeben. In derartigen Fällen warte die OSZE allerdings vor einer Intervention die innerstaatlichen Diskussionen oder die im Rahmen des Europarats bestehenden Mechanismen ab. In dem auf Englisch erschienen Jahrbuch des Medienbeauftragten (Freedom and Responsability - Yearbook 1999/2000) ist eine Sammlung von Texten enthalten, in denen die Autoren über ihre Erfahrungen zum Thema Medienfreiheit berichten. Das Vorwort stammt vom vorjährigen OSZE-Vorsitzenden, dem ehemaligen norwegischen Außenminister Knut Vollebaek. (APA)