Geschlechterpolitik
Hohes Rückfallrisko bei Sexualtätern mit "Zusatz-Delikten"
Frauen als 'Gebrauchsobjekte'
Linz - Sexualtäter, die zusätzlich andere Delikte begangen haben, haben ein hohes Rückfallrisikos. Dies geht aus einer Studie des Vereins für Bewährungshilfe und Soziale Arbeit hervor. Dabei wurden die
unterschiedlichen Tätergruppen analysiert und deren Sozialisierungschancen heraus gearbeitet. Die Studie wurde Dienstag
Abend beim "Interdisziplinären kriminalpolitischen Arbeitskreis" in Linz präsentiert.
Die Studie basiert auf den Daten und Fakten von 243 Sexualstraftätern, die in Österreich von Bewährungshelfern betreut
wurden. Es handelte sich sowohl um Vergewaltiger als auch um Inzesttäter und Pädophile. Wobei im besonderen
unterschieden wurde, ob jemand "reine" Sexualdelikte begangen hat oder ob dazu noch andere Straftaten kamen. Dabei
zeigte sich generell, dass bei "Nur-Sexualtätern" in vielen Fällen eine Schuldeinsicht vorhanden ist und durch eine
entsprechende Betreuung auch die Rückfallgefahr reduziert werden kann.
Frauen als 'Gebrauchsobjekte'
Anders die Situation bei den Sexualtätern mit "Zusatz-Delikten". Bei den Vergewaltigern sind dies häufig andere
Gewaltdelikte. Adalbert Eisenriegler, einer der Autoren der Studie, sagte dazu: "In der Regel bekennen sie sich zwar zum
Tatgeschehen, weisen eigene Schuld aber weit von sich. Sie sehen Frauen als 'Gebrauchsobjekte', ihre Tateinsicht ist
geringer und nach Einschätzung ihrer Bewährungshelfer haben sie ein höheres Rückfallrisiko und brauchen deshalb eine
intensivere Betreuung". Ähnliches gilt für die Inzesttäter, bei denen noch andere Straftaten vorliegen.
Hohe Rückfallgefahr
Ein besonderes Problem stellen in diesem Zusammenhang Kinderschänder dar, bei denen häufig auch Eigentumsdelikte
dazu kommen. Es sind dies in der Mehrzahl psychisch und sozial "instabile" Männer im Alter zwischen 20 und 30 Jahren.
Sie haben selten soziale Bindungen, sind häufig arbeitslos und unstet. Typische Tatorte sind Kinderspielplätze oder
Umkleidekabinen von Schwimmbädern. In drei von vier Fällen kannten diese Täter ihr Opfer vorher nicht. Zu dieser Gruppe
heißt es in der Studie: "Die Bewährungshelfer stellen in den meisten Fällen nur eine geringe Tateinsicht und eine hohe
Rückfallgefahr fest". Neben Behandlungsmaßnahmen seien in diesen Fällen vor allem "stark lebensstrukturierende
Interventionen" wie zum Beispiel die Unterbringung in Wohn- und Arbeitsprojekten notwendig, um trotz ungünstiger
Voraussetzungen das Rückfallrisiko zu minimieren.
Generell kommt die Studie zu dem Schluss:
"Grundsätzlich ist die Bestellung eines Bewährungshelfers kombiniert mit der
Weisung zur Psychotherapie bei fast allen Sexualtätern spätestens anlässlich ihrer bedingten Entlassung angezeigt". Und
"die Möglichkeiten, Sexualstraftäter durch gezielte Behandlungs- und Kontrollmaßnahmen von neuerlichen Sexualdelikten
abhalten zu können, sind in den letzten Jahren zweifellos besser geworden. Gleichzeitig müssen wir aber auch eingestehen,
dass es immer einzelne Täter geben wird, deren Gefährlichkeit auch mit solchen Maßnahmen nicht reduziert werden kann,
so dass sie weiter in Haft bleiben müssen". (APA)