Helsinki (APA) - Finnland gilt nach den Ergebnissen des OECD-Bildungsvergleichs PISA seit Jahren als Musterland des Unterrichtswesens. Im Folgenden einige Eckdaten des finnischen Schulsystems.

- SCHULPFLICHT: Neun Jahre, beginnend ab dem siebenten Lebensjahr. Davor gibt es eine freiwillige einjährige Vorschule, die von 98 Prozent aller Kinder besucht wird.

- SCHULORGANISATION: Einheitliche Grundschule bis zur neunten Schulstufe (Gesamtschule, seit 1972), ein freiwilliges zehntes Schuljahr ist möglich. Daran schließen entweder eine Art AHS-Oberstufe oder eine Art berufsbildende Schule an, wobei ein bestimmter Notenschnitt Aufnahmevoraussetzung für die AHS-Oberstufe ist. Der Abschluss einer dieser beiden Schulformen ist Voraussetzung für den Zugang zur tertiären Bildung (Uni oder Fachhochschule).

- BENOTUNG: Bis zur achten Klasse alternativ verbale Beurteilung (Entscheidung obliegt der Schule im Rahmen der Schulautonomie); danach verpflichtendes Notensystem mit den Stufen 4-10, wobei 10 die beste Note ist. Bei ungenügenden Leistungen ist Sitzenbleiben möglich, aber weitaus seltener als in Österreich. Die Noten spielen eine Rolle für die Aufnahme in eine höhere Schule bzw. an eine Universität.

- TAGESABLAUF: Beginn und Ende des Schultags liegen in der Autonomie der Schule. Unterricht findet sowohl vormittags als auch nachmittags statt, dazwischen gibt es eine Mittagspause mit Gratis-Schulessen. Eine Schulstunde dauert 45 Minuten, die Pausen zehn bis 15 Minuten. Nach dem Ende der eigentlichen Schule gibt es freiwillige Nachmittagsbetreuung bzw. Angebote wie Instrumentalunterricht, Theater oder Musical, die im Unterschied zu Unterricht und Essen aber kostenpflichtig sind.

- FÖRDERSYSTEM: Mehr als ein Viertel der Schüler in den ersten neun Schuljahren verfügt über einen so genannten "sonderpädagogischen Förderbedarf". Dieser reicht von sozialen Auffälligkeiten über Teilleistungsschwächen bis zu schwersten Behinderungen. Grundsatz ist die Inklusion, also der gemeinsame Unterricht aller Kinder - bei sechs Prozent ist die Behinderung allerdings so schwer, dass der Unterricht getrennt erfolgt: In der Regel in der gleichen Schule in gesonderten Klassen, möglich (aber eher selten) ist auch die gesonderte Betreuung in eigenen Einrichtungen. Für die Förderung stehen neben "normalen" Lehrern auch Sonderpädagogen, Assistenten, Sozialarbeiter, Psychologen und Schullaufbahnberater zur Verfügung.

- UNTERRICHTSSPRACHE: Finnisch oder in rund fünf Prozent aller Schulen Schwedisch. Ausländer erhalten anfangs Unterricht in ihrer Muttersprache, während intensiver Sprachunterricht in der Landessprache erfolgt.

- SCHULAUTONOMIE: Die lokalen Schulbehörden in den Gemeinden sowie die einzelnen Schulen haben weitgehende Gestaltungsbefugnis. So gibt etwa das Zentralamt für Unterrichtswesen nur einen Rahmenlehrplan vor, auf den die lokalen Schulbehörden und dann die einzelnen Schulen ihre jeweiligen Schwerpunkte aufsetzen können. Gemeinden und Schulen entscheiden auch über die Verwendung ihres Teils des Schulbudgets (dieser liegt bei 43 Prozent im Vergleich zu 57 Prozent staatlichem Zuschuss).

SCHUL-UND KLASSENGRÖSSE: Die Größe der Klassen ist gesetzlich nicht vorgeschrieben und sehr unterschiedlich. In der Sonderpädagogik sind oft nur drei bis vier Kinder in einer Gruppe, in bestimmten Kursen des Oberstufen-Kurssystems dagegen bis zu 40. Generell werden die Klassen am Beginn und am Ende der Gesamtschule klein gehalten. Kleinschulen existieren kaum, die Schulen sollen eine bestimmte "kritische Masse" erreichen, um eben auch Sonderpädagogen, Psychologen und anderes Personal beherbergen zu können.

EVALUATION: Das Inspektorenwesen wurde bereits vor längerer Zeit abgeschafft. Seither gibt es seit Anfang der 90-er Jahre Evaluierungen auf Schul-, kommunaler, regionaler und nationaler Ebene. Landesweit werden jedes Jahr rund 5.000 bis 8.000 Schüler in 100 bis 120 Schulen getestet. Ranglisten werden allerdings keine erstellt - der Landesdurchschnitt wird veröffentlicht, und jede Schule erhält "ihre" Ergebnisse, die gemeinsam mit dem Schulerhalter für die Schulentwicklung verwendet werden müssen.

- HOCHSCHULE: Universität oder Fachhochschule mit Numerus clausus.

- LEHRERAUSBILDUNG: Ausnahmslos Universitätsausbildung mit Master-Abschluss sowohl für Gesamtschullehrer als auch für Lehrer an den höheren Schulen. Voraussetzung für einen Abschluss ist eine Art Diplomarbeit, die gesamte Ausbildung ist forschungsgeleitet. Es besteht fakultativ die Möglichkeit zur Lehrerfortbildung, aber keine Pflicht. Da sich die Direktoren ihre Lehrer in einem gewissen Rahmen aber aussuchen können, werden sowohl schulexterne als auch -interne Veranstaltungen angeboten und angenommen.