Mit Spickzettel "Wahres von Unwahrem unterscheiden können": TV-Moderatorin Sandra Maischberger.

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STANDARD: Mögen Sie Harald Schmidt?

Maischberger: Ich bin ein großer Fan von ihm. Er hat lange bei Sat.1 gekämpft, ist am Höhepunkt seiner Karriere angelangt und ein absoluter Gewinn für die ARD. Ich bin richtig glücklich, dass er da ist und will ihn so häufig wie möglich sehen.

STANDARD: Angeblich soll es Dienstag, 23 Uhr auf ARD bald ihn geben statt Sandra Maischberger. Was ist dran an den Gerüchten?

Maischberger: Harald Schmidt ist Fan der Arbeitszeitverlängerung bei vollem Lohnausgleich. Das sind ja viele. Mein Vertrag läuft bis Ende des Jahres. Ich freue mich auf alles, was danach kommt. Es wird sicher kein Abschied sein.

STANDARD: Bei n-tv lief Montagabend die 1000. Sendung. Sind Sie des Interviewens nicht langsam müde?

Maischberger: Gar nicht. Es ist für mich mehr als nur ein Job. Wir wollen Teil des öffentlichen Diskurses sein. Wenn das gelingt, bin ich am Abend einfach zufrieden.

STANDARD: Wie würden Sie Ihre Strategie als politische Interviewerin beschreiben?

Maischberger: Sie besteht vor allem in der Vorbereitung. Ich muss Wahres von Unwahrem unterscheiden und gut zuhören können. Deshalb lese ich intensiv und wir diskutieren im Team. Zum Interview gehe ich mit einem Spickzettel, den ich aber meistens gar nicht mehr brauche.

STANDARD: Wollen Politiker die Fragen vorab wissen?

Maischberger: Darauf lassen wir uns nicht ein. Der letzte, der es versucht hat, war Silvio Berlusconi. Wir gaben ihm den üblichen groben Überblick, dann hat er abgesagt.

STANDARD: Es gibt Tendenzen, Politiker in Unterhaltungsshows zu Wort kommen zu lassen, zuletzt in Österreich der Bundeskanzler bei "Vera". Was halten Sie davon?

Maischberger: Eine Realität, die nicht zu verhindern ist. Meine persönliche Reaktion auf diese Entwicklung war, ebenfalls die Seiten zu wechseln und mir ein Unterhaltungsformat zu suchen. So kann ich beides abdecken.

STANDARD: Welche Sorte Gast ist Ihnen am liebsten?

Maischberger: Ich mag Menschen, die einen eigenen Gedanken haben und ihn auch ausdrücken können. Ein Interview mit Gregor Gysi oder Heiner Geißler schlägt immer wieder Funken. Politiker a. D. sind großartige Gesprächspartner. Ich rede gerne mit Richard von Weizsäcker.

STANDARD: Solche, mit denen Sie gar nicht können?

Maischberger: Gäbe es die, würde ich es nicht verraten: Sie sollen schließlich wiederkommen. Es ist aber auch eine Frage der Wahrnehmung: Manchmal ist das sperrige Interview das spannendere Gespräch: Zu sehen, wie etwas arbeitet, wie es knirscht.

STANDARD: Politische Talkshows sind in Deutschland fest in weiblicher Hand...

Maischberger: ...und die Männer machen Unterhaltung, lustig, nicht? Bald werden wir so dominant sein, dass die jungen Männer uns das Feld streitig machen wollen. (Doris Priesching/DER STANDARD, Printausgabe, 22.3.2005)