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Peter Voithofer ist Handelsexperte bei der KMU Forschung Austria

Foto: APA/Pfarrhofer
derStandard.at: Würden Sie jenen Bundesländern, die die letzte Änderung der Ladenöffnungszeiten-Regelung nicht umgesetzt haben, zu einer Erweiterung der Öffnungszeiten raten?

Voithofer:Die letzte Änderung der Ladenöffnungszeiten-Regelung ist nicht Voraussetzung für eine Erhöhung der faktischen Ladenöffnungszeiten: Viele Einzelhandelsgeschäfte nützen – teilweise auch aus gutem Grund – die bestehenden Möglichkeiten der Öffnungszeiten nicht aus. Auch in jenen Bundesländern, in denen die letzte Änderung umgesetzt wurde, nutzen weder die KMU noch die Großunternehmen des Einzelhandels durchgängig die Möglichkeiten der Abendöffnung – derzeit wird in Einkaufsdestinationen teilweise einmal pro Woche am abend geöffnet, in der umsatzstarken Zeit vor Weihnachten teilweise zwei Mal pro Woche.

derStandard.at: Gibt es regionale Unterschiede, was die Sinnhaftigkeit einer Flexibilisierung der Öffnungszeiten betrifft?

Voithofer: Prinzipiell sind die Ladenöffnungszeiten primär ein Thema in Ballungsräumen, im urbanen Bereich und bei der jüngeren Bevölkerung. Zu berücksichtigen sind auch mögliche Kaufkraftzu- und -abflüsse in benachbarte Bundesländer oder Nachbarstaaten. Aufgrund regional unterschiedlicher Ausgangssituationen gibt es kein „Patentrezept“ hinsichtlich der Öffnungszeiten.

derStandard.at: Wer profitiert Ihrer Meinung nach besonders von einer Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten, für welche Branchen, Betriebsgrößen oder Lagen könnte sie nachteilige Folgen haben?

Voithofer: Gerade diesbezüglich sind Pauschalaussagen äußerst problematisch. Die zentrale Frage ist, ob zu den „neuen“ Öffnungszeiten eine entsprechende Kundenfrequenz vorhanden ist. Voraussetzung dafür ist, dass zumindest die Mehrheit der Geschäfte einer Einkaufsstraße oder eines Einkaufszentrums geöffnet haben.

derStandard.at: Warum?

Voithofer: Die Erfahrung zeigt, dass es zu verstärkter Polarisierung zwischen Einkaufsdestinationen gekommen ist. Eine Verlängerung der faktischen Öffnungszeiten bringt natürlich zunächst Verlagerungseffekte: So kann sich der Umsatz im selben Geschäft vom Nachmittag auf den Abend verlagern, von einem Geschäft auf jene Konkurrenten, die länger offen halten, oder auf andere Geschäfte desselben Unternehmens. Natürlich besteht auch, vor allem Standort- und Unternehmens-bezogen, die Möglichkeit von Umsatzzuwächsen.

derStandard.at: Wie stehen Sie zur Sonntagsöffnung? Wer könnte davon profitieren, wem könnte sie schaden?

Voithofer: Es besteht ein breiter gesellschaftlicher Konsens, dass der Sonntag „tabu“ ist.

derStandard.at: Könnte eine Ausweitung der Rahmenöffnungszeiten die Ertragslage der österreichischen KMU im Handel verbessern?

Voithofer: Zunächst ist zwischen der Rahmenöffnungszeit und der tatsächlichen Öffnungszeit der Geschäfte zu unterscheiden: Nur die wenigsten Unternehmen, unabhängig von der Unternehmensgröße, nutzen tatsächlich die gesamte Rahmenöffnungszeit - die große Ausnahme hier ist natürlich der Lebensmittelhandel. Eine Ausweitung der Öffnungszeiten verbessert nur dann die Ertragslage, wenn ein entsprechender Mehrumsatz erzielt wird, der die erhöhten Kosten mehr als wettmacht.

Mikro und Makro

Gerade diesbezüglich ist außerdem zwischen der mikro- und makroökonomischen Betrachungsweise zu unterscheiden: Auf Einzelbetriebsebene kann eine Erweiterung von Öffnungszeiten sinnvoll sein, aus makrookönomischer Sicht ist dies aber eher unwahrscheinlich: Dies würde ja deutlich steigende Einzelhandelsumsätze voraussetzen, in den letzten Jahren war jedoch nur eine Stagnation der Einzelhandelsumsätze feststellbar. (mas)