Michael Simoner Wien - Nur zehn Monate nach der berüchtigten Polizeiaktion „Operation Spring“ vom Mai des vergangenen Jahres kann auch die Justiz Bilanz über die bisher größte Drogenrazzia Österreichs ziehen: Etwa 300 der mehr als doppelt so vielen Angezeigten wurden (und werden noch) strafrechtlich verfolgt. Darunter viele, die Suchtgift konsumiert oder in geringen Mengen weitergegeben haben. Immerhin ein Dutzend Verdächtige sollen nach Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft in großem Stil mit „Stoff“ gehandelt haben. Bei „Operation Spring“ hatte die Polizei, wie berichtet, erstmals den großen Lauschangriff eingesetzt. Mehrere Wochen lang war ein Wiener China-Restaurant, das dem Drogenring als Stützpunkt gedient hatte, mit versteckten Kameras und Mikrofonen überwacht worden. Nach der Auswertung von zusätzlichen Telefonüberwachungen wurden in ganz Österreich auf einen Schlag knapp 100 Verdächtige festgenommen, die meisten davon waren Asylwerber vom afrikanischen Kontinent. Bei späteren Aktionen nahm die Polizei weitere 100 mutmaßliche Bandenmitglieder fest. Rund 400 Personen wurden auf freiem Fuß angezeigt. Die Strukturen des Drogenrings sind zwar zerschlagen, doch die im Ausland befindlichen Drahtzieher unbekannt. Sicher ist, dass die Polizei den in Wien lebenden nigerianische Schriftsteller Charles O. zu Unrecht als „Drogenboss“ verdächtigte. Aus einem ursprünglich geplanten Sammelprozess ist nichts geworden. Dies vor allem deswegen, weil der von der Polizei erhobene Vorwurf, Bildung einer kriminellen Organisation, vor Gericht nicht hielt. Die meisten Einzelverfahren werden nach dem Suchtmittelgesetz geführt. Der Wiener Staatsanwalt Georg Bauer behält den Überblick für die Anklagebehörde. Zur bisher höchsten Strafe im Zusammenhang mit der „Operation Spring“ wurde der 27-jährige Liberianer Michael A. verurteilt: zehn Jahre Gefängnis. Clifford I. (28) aus Nigeria erhielt acht Jahre, sein Landsmann Ezekiel A. (22) sieben Jahre Gefängnis. Die Urteile sind nicht rechtskräftig. In rund zwanzig anderen Verfahren wurden Freiheitsstrafen zwischen eineinhalb und drei Jahren verhängt. Das jüngste „Spring“-Verfahren wurde, wie berichtet, vergangenen Dienstag gegen einen Nigerianer eröffnet. Kronzeuge mit Helm Zu anonymer Berühmtheit hat es im Wiener Landesgericht mittlerweile ein Zeuge gebracht, der in Prozessen zur „Operation Spring“ immer mit Vollvisierhelm auftritt. Für den Mann, der im Grauen Haus „Helmi“ genannt wird, gilt die „kleine Kronzeugenregelung“. Damit können Mitglieder krimineller Organisationen mit „außerordentlicher Strafmilderung“ belohnt werden. Voraussetzung: Der Täter muss - über sein Geständnis hinaus - kooperativ und freiwillig sein Wissen über die Bande zur Verfügung stellen und dadurch entscheidend zur Aufklärung beitragen. Dafür wurde „Helmi“ unter Polizeischutz gestellt.