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Oma hatte Recht: Wer rastet, der rostet. Und damit meinte sie gar kein stromlinienförmiges Körperideal - davon war sie sowieso nie getrieben. Bei Fitness dachte sie ans "Frischbleiben".

Die Hirnforschung liefert dafür laufend Belege: Körperliches Training tut dem Gehirn gut, regt es an, steigert die Plastizität. Neue Neuronen und Synapsen werden gebildet, das Netzwerk im Gehirn bleibt intakt, verbessert sich sogar. Sport unterstützt also die intellektuelle Leistungskraft.

Gute Argumente für die Anbieter der Bewegungsindustrie - Fitnesscenter, Hometrainer, Fitness-Coaches, Yogalehrer, die mit ihren Angeboten derzeit verstärkt den Weg in Work-Life-Balance-Programme der Unternehmen finden. Wir bleiben - das ist augenscheinlich - länger fit und leben länger. Das ist keine Mode, sondern eine Entwicklung.

Aber jetzt wird es paradox: Unternehmen mühen sich um Impulse, um ihre Belegschaft beweglich zu halten. Motorische Beweglichkeit ist in einer alternden Gesellschaft mit zunehmend alterndem Arbeitskräftepotenzial Teil des lebenslangen Lernens geworden. Und es funktioniert: Bandscheibenvorfälle und Krankenstandtage lassen sich reduzieren. Was passiert aber mit dem fitten Arbeitskräftepotenzial ab 45?

Es zählt zum "alten Eisen" und wird gerne "abgebaut". Wer es bis Mitte 40 nicht in entsprechende Höhen geschafft hat, hat auf dem Arbeitsmarkt ein massives Problem - trotz all seiner Fitness.

Absehbare demografische Entwicklungen werden diese Paradoxie vermutlich in zehn, 15 Jahren auflösen. Unternehmen, die jetzt schon wissen, wie und warum sie ihre fitte Belegschaft halten und wo sie in einer Dekade fitte Mitarbeiter rekrutieren, sind aber heute eine Nasenlänge voraus. (Der Standard, Printausgabe 26./27.3.2005)