Wien - Spätestens seit der EU-Wahl im vergangenen Juni beherrscht die Auseinandersetzung zwischen der freiheitlichen Regierungsriege und Jörg Haider einerseits sowie dem so genannten "rechten Flügel" andererseits das Innenleben der FPÖ. Mit dem Ausschluss des Europa-Abgeordneten Andreas Mölzer hat dieser Kampf einen neuen Höhepunkt erreicht. Im Folgenden einige Eckdaten zu den internen Auseinandersetzungen:
  • 7. September 2002: Delegiertentreffen in Knittelfeld. Aus Unmut mit dem Kurs des FPÖ-Regierungsteams unter Riess-Passer sammelt Volksanwalt Ewald Stadler Unterschriften für die Abhaltung eines Sonderparteitags, um eine Steuerreform zu erzwingen. Jörg Haider steht auf der Seite der "Knittelfelder". Am nächsten Tag geben Riess-Passer, FPÖ-Klubchef Peter Westenthaler und der damals noch freiheitliche Finanzminister Karl-Heinz Grasser ihren Rücktritt bekannt. Wieder einen Tag später kündigt Schüssel Neuwahlen an.

  • 24. November 2002: Die FPÖ - Parteichef und Spitzenkandidat ist zu diesem Zeitpunkt Herbert Haupt - stürzt bei den Nationalratswahlen ab und erreicht nur mehr 10,01 Prozent der Stimmen.

  • 6. März 2003: In Wien konstituiert sich der "Club Jörg" als Fanclub des Altparteiobmannes Haider. Obmann wird der frühere Abgeordnete Harald Fischl. Auf der Liste der Gründungsmitglieder finden sich mit Stadler und Senioren-Vertreter Karl Wimleitner auch zwei weitere Funktionäre, die dem rechten Flügel um Mölzer zugerechnet werden.

  • 13. Juni 2004: Bei der EU-Wahl erreicht die FPÖ mit 6,31 Prozent nur Rang fünf und fällt hinter die Grünen und die erstmals angetretene Liste Hans-Peter Martin zurück. Den Freiheitlichen verbleibt nur ein Mandat - das bekommt aber nicht der offizielle Spitzenkandidat Hans Kronberger, sondern Andreas Mölzer, der einen Vorzugsstimmen-Wahlkampf geführt hatte. Unterstützt worden war Mölzer u.a. von Stadler, Wimleitner und dem FPÖ-Jugendvertreter Johann Gudenus.

  • 3. Juli 2004: Haider-Schwester Ursula Haubner wird bei einem Bundesparteitag in Linz zur Parteichefin gewählt. Der rechte Parteiflügel wird mit dem Amt des Präsidenten der Parteiakademie für Stadler befriedigt. Außerdem wurde zugesagt, Stadler und Mölzer in den Parteivorstand zu kooptieren. Stellvertreter Haubners wurde - auf Vorschlag Haiders - der Wiener Landesobmann Heinz-Christian Strache. Beim Parteitag liest Haider seiner Partei die Leviten: "Ich halte es wirklich für falsch, wenn wir uns die Qual antun, Flügelkämpfe zu inszenieren." Eine Konzentration der Partei auf das nationale Lager lehnte er ab. Stadlers Antwort: "Ich vertrete hier keinen Flügel, ich vertrete auch keinen Geschichtsverein und ich bin kein Taliban - ich bin ein Freiheitlicher."

  • 27. Jänner 2005: Mölzer distanziert sich von einer vom Europaparlament anlässlich des 60. Jahrestages der Befreiung von Auschwitz beschlossenen Resolution zu Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit. Er habe das Gefühl, "dass mit dem Leid der Opfer tagespolitische Ambitionen verbunden werden".

  • 15. Februar 2005: Strache liebäugelt mit einer Kandidatur für den Parteivorsitz.

  • 23./24. Februar 2005: Bei der FPÖ-Klubklausur im Südburgenland fordern Klubobmann Herbert Scheibner und Haubner Loyalität zur Parteiführung ein. "Wenn man die Eigentore schießt, wird man nicht gewinnen", so der Klubobmann. Wer nicht in die richtige Richtung laufe, müsse aus der Mannschaft gestellt werden oder dürfe zumindest keinen Ball mehr bekommen.

  • 7./8. März 2005: In einer elfstündigen Marathonsitzung ziehen sich Mölzer, Stadler, Gudenus und Wimleitner aus dem FPÖ-Vorstand zurück, Strache legt sein Amt als Stellvertreter Haubners nieder. Zuvor hatte Haubner ihren Rücktritt und dem rechten Flügel die Parteiführung angeboten. Weiteres Ergebnis der Strategieklausur in Klagenfurt: Eine sechsköpfige Reformgruppe soll eine Neuausrichtung der Partei planen.

  • 8. März 2005: Haider bleibt bei seiner Forderung nach einer Neugründung. Die "alte FPÖ" werde "stillgelegt" und die in der künftig neuen Partei nicht erwünschten Funktionäre könnten dort verbleiben.

  • 9. März 2005: Statt der Neugründung präsentieren Haider, Haubner, Scheibner und Vizekanzler Hubert Gorbach einen Zwei-Phasen-Plan. Auf einem vorgezogenen Parteitag am 23. April sollen ein neues Parteiprogramm und eine "Vollmacht für eine personelle und organisatorische Plattform" beschlossen werden. Dafür verlangt die Parteiführung von den Delegierten eine Zwei-Drittel-Mehrheit, andernfalls werde eine neue Partei gegründet.

  • 10. März 2005: Haubner droht Mölzer mit dem Parteiausschluss. Hintergrund ist ein Artikel Mölzers in seiner Wochenzeitung "Zur Zeit", in dem die FPÖ als "ohnmächtige" Partei bezeichnet wird, der Freund und Feind bescheinigen, "gescheitert zu sein".

  • 15. März 2005: Mölzer will Strache als Parteichef. In der Zwischenzeit haben Haider und Strache die Situation besprochen. Über den Inhalt der Unterredung wird nichts bekannt, offensichtlich hat es aber keine Annäherung gegeben. Eine Nachtsitzung der Wiener Parteigremien bringt keine Einigung zwischen den verfeindeten Parteiflügeln in der Bundeshauptstadt.

  • 16. März 2005 : Die Kärntner FPÖ schließt Mölzer aus und beantragt, den EU-Abgeordneten auch aus der Bundespartei auszuschließen.

  • 19. März 2005: Strache erklärt sich bereit, die Parteiführung zu übernehmen, wenn ein "großer gemeinsamer Schulterschluss" nicht gelingt.

  • 20. März 2005: Generalsekretär Uwe Scheuch spricht sich für Haider als Parteichef aus, wenn Haubner nicht mehr antreten wolle.

  • 29./30. März 2005: Der Parteivorstand schließt Mölzer mit dem denkbar knappen Ergebnis von 15 Pro- und sieben Gegenstimmen bei einer Enthaltung aus. Haubner zeigt sich vom knappen Votum enttäuscht. Mölzer und Stadler bezeichnen den Ausschluss als statutenwidrig, der EU-Abgeordnete will ihn bekämpfen.
  • (APA)