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Vor zehn Jahren am 31. März 1995 musste das rote Flaggschiff Konsum den Ausgleich anmelden und ging damit als größte Pleite der Zweiten Republik in die österreichische Wirtschaftsgeschichte ein. Rund 17.000 Mitarbeiter in 23 Konsum-Firmen waren von der Pleite betroffen, der Schuldenberg erreichte die Rekordhöhe von knapp 26 Mrd. S (1,89 Mrd. Euro). Mehrere tausend Gläubiger bangten um ihr Geld.

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Der ÖGB als Bawag-Mehrheitsaktionär fühlte sich für das Schicksal des gewerkschaftsnahen Handelsriesen nicht verantwortlich. Die Konsum-Pleite wurde von vielen Österreichern als Symptom für den Verfall der österreichischen Arbeiterbewegung gesehen. Galten doch die Konsum-Genossenschaften neben der Partei und der Gewerkschaft als eine der drei Säulen der Arbeiterbewegung.

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Vor 150 Jahren wurde die erste kleine Konsum-Genossenschaft im niederösterreichischen Teesdorf gegründet. Nach dem Verbot durch die Nazis begann 1945 der Aufstieg zum Handelsriesen mit zuletzt mehr als 17.000 Mitarbeitern, 1.055 Standorten mit fast 700.000 Quadratmetern Verkaufsfläche, einem Jahresumsatz von rund 32 Mrd. S und mehr als 700.000 Genossenschaftern.

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Mit dem Zusammenschluss der einzelnen Konsumgenossenschaften unter Konsum-Genmeraldirektor Manfred Kadits im Jahr 1978 begannen bereits die Probleme. Dem Konsum gelang es nicht, mit der Diskont-Konkurrenz Schritt zu halten. Dazu kam der Bau des 720 Mio. S teuren Zentrallagers in Hirschstetten, das sich als Fehlentscheidung erwies. 1989 kletterte der Verlust bereits auf 1,3 Mrd. S. 1990 löste Hermann Gerharter (Bild) den Langzeit-Konsum-General Kadits ab und kündigte damals für 1994 wieder schwarze Zahlen an. Der geplante Verkauf des Wiener Kaufhauses Steffl wurde allerdings ein Flop, dafür gingen 60 defizitäre Coop-Läden und Inform-Parfümerien an den Konkurrenten Billa.

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1993 ging der Konsum eine Kooperation mit dem Schweizer Handelsriesen Migros ein. Migros erhielt für 60 eingebrachte familia/Dogro-Märkte 25 Prozent an der neu gegründeten KGM/familia-Gesellschaft. Außerdem übernahm Migros die Hälfte der Anteile und die Unternehmensleitung der gemeinsamen Gesellschaft Konsum/Migros-Warenhandelsgesellschaft. Im folgenden Jahr konnten die Verluste nicht abgebaut werden. Die Konsum-Generalversammlung beschloss Verhandlungen über einen Verkauf des 30,66-Prozent-Anteils an der Bawag. Weiters sollten auch die Konsum-Möbelhäuser und die Gerngross-Gruppe verkauft werden.

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1995 spitzten sich die Spannungen mit dem Schweizer Partner Migros zu. Nach dem Rückzug der Schweizer aus Österreich musste der Konsum am 31. März den Ausgleich anmelden, vier Tage später wurde das Verfahren eröffnet. Hermann Gerharter wurde von Hansjörg Tengg (Bild) abgelöst, der die Aufgabe des "Konsum-Liquidators" übernahm. Die Gläubiger akzeptierten die 40-prozentige Ausgleichsquote. Nur mit Hilfe der Gläubigerbanken konnte ein drohender Konkurs abgewendet werden. Im Falle eines Konkurses wäre auch die Nachschusspflicht der Konsum-Genossenschafter zum Tragen gekommen.

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Der Verkauf der Bawag-Anteile an die Bayerische Landesbank hatte 4,3 Mrd. S eingebracht. Rund 630 Filialen wurden unter den Konkurrenten Spar, Billa, Adeg, Löwa und Meinl aufgeteilt. Gerngross ging an den Palmers-Konzern, die Brotfabrik Ährenstolz an Ankerbrot.

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Fast 6 Jahre nach Ausgleichseröffnung wurde die letzte Ausgleichsquote an die Gläubiger ausbezahlt. Die Gläubiger und vor allem die abgesicherten Banken kamen mit einem blauen Auge davon, da rund die Hälfte der Schulden bezahlt werden konnte. Dass für einige "Konsum-Pleite-Gewinnler" der Brocken zu groß war, zeigte, dass sowohl Meinl und Löwa von der Bildfläche verschwanden. An der Ankerbrot-Pleite war ebenfalls Ährenstolz mitverantwortlich.

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Im Juli 2001 wurde Ex-Konsum-General Hermann Gerharter, nachdem er bereits wegen fahrlässiger Krida zu einer bedingten Haftstrafe und einer Geldstrafe verurteilt worden war, wegen betrügerischer Krida zu 6 Monaten Haft plus 15 Monate auf Bewährung verurteilt. Dieses Urteil wurde im Dezember 2002 vom Obersten Gerichtshof auf 15 Monate bedingt reduziert, damit blieb Gerharter das Gefängnis erspart. Dem Verfahren lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Knapp vor Ausgleichseröffnung über das Konsum-Vermögen hatte Gerharter ein Belastungs- und Veräußerungsverbot für seine Villa in Gießhübel sowie ein Jagdhaus in der Steiermark erwirkt. Zuvor hatte er den Besitz seiner Frau und seinen beiden Töchtern überschrieben. (APA)

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