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Sexuelle Belästigung ist ein grassierendes Problem in Ägypten. Auf dem Bild: ein von der Aktivistengruppe "Tahrir Bodyguard" organisierter Selbstverteidigungskurs für Frauen. 

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Ein Fall von sexueller Belästigung an der renommiertesten ägyptischen Universität hat in den letzten Tagen für helle Empörung gesorgt. Die Bilder einer blonden jungen Frau in schwarzen Hosen und einem rosafarbigen, langärmligen Pullover, die unter Pfiffen und Kreischen vom Sicherheitsdienst der Universität weggeführt wird, wurden im Internet und in vielen Fernsehsendungen thematisiert. Zuvor hatte eine Horde Männer die Studentin in der juristischen Fakultät verbal und physisch attackiert und versucht, ihr die Kleider vom Leib zu reißen.

Der Rektor der Universität, Gaber Nasser, machte in einem Interview die junge Frau verantwortlich. Ihre ungehörige Kleidung habe zu dem Vorfall geführt. Die Männer und die Frau würden bestraft und allenfalls von der Universität verwiesen. Ein TV-Moderator des staatlichen Fernsehens schlug in die gleiche Kerbe, er sprach von einem Opfer mit Kleidern einer Tänzerin, die provoziere und aufreize.

Das Schlimmste sei, dass immer eine Rechtfertigung gefunden werde, um das Opfer zu beschuldigen, entrüstete sich die Aktivistin Fathi Farid. Der Druck war schließlich so groß, dass sich Nasser entschuldigen musste. Er verurteilte die Übergriffe, sprach die Studentin von jeder Schuld frei und versprach, alle Anstrengungen im Kampf gegen sexuelle Belästigung an der Universität zu unterstützen.

Sexuelle Belästigung ist ein grassierendes Problem in Ägypten. Eine UN-Studie hatte im April 2013 ergeben, dass 99,3 Prozent aller Frauen von den verschiedensten Formen von verbalen Belästigungen bis zu Vergewaltigung betroffen sind. Im Jahr 2008 hatte eine Frau erstmals einen Prozess wegen sexueller Übergriffe angestrengt. Der Täter wurde zu drei Jahren Gefängnis verurteilt.

In den letzten Jahren hat eine ganze Reihe von Initiativen versucht, Bewusstsein zu schaffen, insbesondere nach der Revolution von 2011, als sexuelle Gewalt auch gezielt als politisches Mittel eingesetzt wurde, um Frauen von Demonstrationen abzuhalten. Eine "Harass Map" zeigt, wo sich die Fälle geografisch häufen, und bei großen Demonstrationen sind Helfer auf der Straße.

Zwei neue Gesetze, die sexuelle Übergriffe als Straftaten definieren, sind eingereicht, wurden aber nie diskutiert oder in Kraft gesetzt. Einen kleinen Erfolg gab es erst kürzlich: Ein Gericht in Tanta hat einen Mann zu fünf Jahren Gefängnis wegen sexueller Übergriffe auf eine junge Frau verurteilt. Frauenorganisationen hoffen, dass solche Urteile eine abschreckende Wirkung haben. (Astrid Frefel aus Kairo, DER STANDARD, 26.3.2014)