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Außer Spesen nichts gewesen: Pfizer blitzt mit seinem Kaufangebot bei AstraZeneca ab.

Foto: Reuters / Darren Staples

London - Die geplante Übernahme des britisch-schwedischen AstraZeneca-Konzerns (AZ) durch US-Konkurrent Pfizer ist vorerst gescheitert. Zwar legte der Viagra-Hersteller übers Wochenende zwei deutlich erhöhte Offerten vor: Zuletzt boten die Amerikaner 69 Mrd. Pfund (84,7 Mrd. Euro), was einem AZ-Aktienpreis von 55 Pfund entsprach. Der AZ-Verwaltungsrat lehnte am Montag umgehend ab.

Chairman Leif Johansson nannte den Preis einen "noch immer zu niedrigen" , führte aber auch die erheblichen Risiken bei der Fusionierung ins Feld. Auch werde ein Merger Unruhe ins Unternehmen tragen: "Wir wollen ohne Verzögerung neue Medikamente auf den Markt bringen." Die AZ-Aktie fiel in London um bis zu 14 Prozent.

Pfizer hatte zu Jahresbeginn das AZ-Management zu Gesprächen eingeladen und schließlich 46, 61 Pfund pro Aktie geboten. Als diese Offerte Ende April publik wurde, begann ein öffentlicher Schlagabtausch. Nach und nach erhöhte Pfizer-Chef Ian Read seine Offerte, zunächst auf 50 Pfund, am vergangenen Freitag dann auf 53,50 Pfund. Während zunächst lediglich 30 Prozent in bar gezahlt werden sollte, lag der Cash-Anteil zuletzt bei 45 Prozent. Dies hatten Börsianer in London als unumgänglich gekennzeichnet. Das AZ-Management mochte wochenlang keinen angemessenen Preis nennen. Am Montag war aber von "mindestens 58,85 Pfund pro Aktie" die Rede. Von Anfang an gründete die Verteidigung von AZ-Chef Pascal Soriot auf der Fähigkeit seines Unternehmens, mit innovativen neuen Medikamenten auf eigenen Beinen zu stehen.

Keine feindliche Übernahme

Unter der Ägide des Franzosen hat AZ seit Herbst 2012 einen harten Strukturwandel hinter sich. Dabei wurden 40 Prozent der britischen Arbeitsplätze eingespart. Das 1999 aus dem Merger von Astra (Schweden) und Zeneca hervorgegangene Unternehmen beschäftigt 51.500 Mitarbeitern, 7000 davon in Großbritannien, ist für mehr als zwei Prozent aller britischen Exporte und Forschungsausgaben von jährlich 3,4 Mrd. Euro verantwortlich. Die Forschung für neue Immuntherapien und Krebsmedikamente soll am neuen Hauptquartier in Cambridge zusammengefasst werden.

Während die konservativ-liberale Koalition unter Premierminister David Cameron den geplanten Deal zunächst wohlwollend kommentierte, äußerten sich führende britische Wissenschafter von vornherein ablehnend. Misstrauen erregte außerdem die erklärte Absicht der amerikanischen Firma, ihren Steuersitz nach Großbritannien zu verlegen. Dort sinkt die Körperschaftssteuer kommendes Jahr auf 20 Prozent.

Den Versuch einer feindlichen Übernahme hat die US-Firma ausdrücklich ausgeschlossen. Noch bis kommenden Montag könnte sie AZ-Aktionäre dazu überreden, das Management an den Verhandlungstisch zu zwingen. Dann tritt englischem Recht zufolge eine sechsmonatige Zwangspause in Kraft. (Sebastian Borger aus London, DER STANDARD, 20.5.2014)