Ein Richter, der zuhört. Staatsanwaltsvertreter, die, statt sich auf dem Vorsitzendenpodest hinter ihren Computern zu verschanzen, neben den Verteidigern Platz nehmen. Eine Beweiswürdigung, die auch Zuhörern nachvollziehbar und verständlich erscheint: Im Vergleich zu seinem großen Vorgänger, dem Monsterprozess gegen 13 Beschuldigte wegen einer vermeintlich kriminellen Tierschützerorganisation, lassen sich die drei Folgeverfahren zivilisiert und grundrechtsbewusst an.

Tatsächlich war die Verhandlungsführung bei den zwei bereits beendeten Prozessen, die beide mit Freisprüchen endeten, dergestalt, dass man sich in einem anderen Landesgericht als jenem in Wiener Neustadt wähnen könnte: Bei beiden Gerichtsgängen war das Bemühen spürbar, dem Ruf als Behörde, die sich für hypertrophe Anklagen gegen Gesellschaftskritiker einspannen lässt, zu widersprechen.

Darauf könnte auch hinweisen, dass mit Günter Lattacher seit 1. Mai der Exmitarbeiter einer menschenrechtlich profilierten Medienanwaltskanzlei Mitglied der Wiener Neustädter Staatsanwaltschaft ist. Beim Tierschützerprozess am Montag vertrat er die Anklage.

Zusammengefasst also kommen aus Wiener Neustadt positive Signale. Diese sollten jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Verfahren insgesamt als rechtsstaatlich problematisch zu bezeichnen ist. Nicht nur wegen der für die Beschuldigten schwer belastenden, langen Dauer. (Irene Brickner, DER STANDARD, 20.5.2014)