Straßburg – Wenn ein Arbeitsloser gegen den Entzug der Notstandshilfe vor Gericht zieht, hat er einen Anspruch auf eine mündliche Anhörung, urteilte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR). Österreich habe in zwei Fällen gegen die Menschenrechtskonvention verstoßen, heißt es in Entscheidungen vom 5. Dezember 2013, die heute veröffentlicht wurden, weil es keine mündlichen Anhörungen gab.
Den Arbeitslosen Wolfgang D. und Gerhard W. wurde die Notstandshilfe für eine Übergangszeit entzogen, weil sie aus Sicht der Behörden zu wenig arbeitsbereit waren. In ihrem Verfahren gegen diese Entscheidung verwehrte ihnen das Verwaltungsgericht in Österreich (VwGH) eine mündliche Anhörung, obwohl sie diese ausdrücklich verlangt hatten. Dagegen gingen die beiden vertreten durch Rechtsanwalt Herbert Pochieser (Fälle 23396/09 und 22635/09) beim EGMR vor.
Der EGMR lehnte zwar den von den beiden Klägern geforderten Schadenersatz ab, sprach ihnen aber eine Entschädigung von je 1.979,52 Euro plus Zinsen und Steuern zu.
Offen ist, ob vor den neu geschaffenen Verwaltungsgerichten eine mündliche Verhandlung gesichert ist, schreibt Martin Mair, Obmann des Vereins "Aktive Arbeitslose Österreich", der die Urteile publik gemacht hat. Im alten Verwaltungsgerichtshofgesetz hieß es, der VwGH könne auf eine mündliche Anhörung verzichten, wenn dadurch wahrscheinlich keine zusätzlichen Erkenntnisse für den Fall zu gewinnen seien und der Artikel 6 § 1 der Menschenrechtskonvention nicht verletzt werde. (APA, 20.5.2014)