Neu veröffentlichte Dokumente von US-Whistleblower Edward Snowden belegen, dass die NSA die Bahamas ins Visier genommen hat: Alle Telefonate des Inselstaats werden aufgezeichnet und bis zu dreißig Tage gespeichert, so der US-Journalist Glenn Greenwald in einem Artikel auf The Intercept.

Laut NSA-internen Dokumenten erfolge der Lauschangriff mit dem Ziel, "internationale Drogenringe und Schmuggler" ausfindig zu machen. Die Regierung der Bahamas soll über die Operation mit dem Codenamen Somalget nicht in Kenntnis gesetzt worden sein.

Die Abhörmechanismen seien mithilfe der US-Drogenbekämpfungsbehörde DEA installiert worden. Diese habe mit bahamaischen Behörden kooperiert, um legal Telefonanschlüsse überwachen zu können. Diese Möglichkeit wurde unzulässigerweise mit der NSA geteilt, die dadurch großflächige Abhörmaßnahmen habe setzen können.

Die Enthüllungen könnten verheerende Folgen für die internationale Zusammenarbeit im Bereich der Strafverfolgung haben. The Intercept zitiert einen ehemaligen FBI-Agenten, der die Operation "kurzsichtig" nannte.

Washington hatte die Bahamas 2013 als "stabile Demokratie" bezeichnet, die "gemeinsame Werte" teile. Es ginge "wenig bis keine Gefahr" vom Inselstaat aus.

Teil des Programms "Mystic"

Die umfassende Überwachung der Bahamas ist Teil des NSA-Programms "Mystic". Die Dokumente zeigen, dass auch Mexiko, Kenia und die Philippinen umfassend überwacht werden. Im Unterschied zu den Bahamas werden dort allerdings "nur" Metadaten gesammelt. Alle Telefonanrufe sollen nur bei einem weiteren Land aufgezeichnet werden, dessen Name The Intercept allerdings aufgrund der Sorge, es könnte zu Unruhen kommen, nicht bekanntgab. Ein vor wenigen Wochen veröffentlichter Bericht des Magazins Format, dem zufolge Österreich im Visier von "Mystic" sei, kann so nicht bestätigt werden. (fsc, DER STANDARD, 21.5.2014)