Was haben "Occupy", die spanischen "Indignados" und der "Arabische Frühling" gemeinsam? Everyday Rebellion ist ein Dokumentarfilm und Crossmedia-Projekt, das den zivilen Ungehorsam feiert und die Kraft und Vielfalt der kreativen, gewaltlosen Protestmethoden weltweit miteinander in Verbindung setzt.

Bild: Streetart in Jordanien.

Foto: everydayrebellion.net

Die iranischen Filmemacher und Brüder Arash T. Riahi und Arman T. Riahi sind aufgrund der Tatsache, aus einer politisch verfolgten Familie zu stammen, mit der Idee des politischen und gewaltlosen Widerstands vertraut. Für ihr erstes gemeinsames Projekt "Everyday Rebellion" haben sie eine Plattform aufgebaut, die als permanent wachsende Inspirationsquelle dienen soll. Auf derStandard.at veröffentlichen sie ausgesuchte Videos und Hintergrundinfos zu gewaltlosen Protest-Aktionen.

Foto: Nela Märki

Unser Film Everyday Rebellion lief beim diesjährigen Amnesty International Filmfestival "Movies that Matter" in Den Haag. Das Besondere bei diesem Festival ist, dass nicht nur Filme ausgezeichnet werden, sondern auch Preise an die wichtigsten Menschenrechtsaktivisten aus den Filmen vergeben werden. Unter den diesjährigen GewinnerInnen waren unter anderem die FEMEN-Aktivistin Inna Shevchenko aus unserem Film und Meron Estefanos, eine Aktivistin aus Eritrea, die wir dort erstmals trafen und die uns mit ihren aktivistischen Taktiken sofort in ihren Bann zog.

Meron Estefanos ist eine schwedisch-eritreische Menschenrechtlerin, Journalistin und Radiomoderatorin für Radio Erena aus Stockholm. Sie stammt ursprünglich aus Eritrea und setzt sich immer wieder trotz Bedrohung und Anfeindung für eine Demokratiebewegung in ihrem Land ein. In ihrem wöchentlichen Radioprogramm "Voices of Eritreans" nutzt sie die Öffentlichkeit, um über die Probleme in ihrer Heimat aufmerksam zu machen.

Everyday Rebellion

Estefanos ist auch Mitarbeiterin der eritreischen Diaspora News-Seite Asmarino und Co-Gründerin der internationalen Kommission für eritreische Flüchtlinge, eine Vertretung, die für die Rechte der Flüchtlinge sowie Menschenhandels- und Folteropfer eintritt. Estefanos setzt sich für Frieden und Demokratie in Eritrea ein - ein Land, das seit 1993 unter der Diktatur von Isaias Afewerki leidet.

"Bekämpft das Virus"

Eine der kreativsten, gewaltlosen Aktionen der Widerstandsbewegung in Eritrea, an der Estefanos beteiligt war, war die massenhafte Produktion von Plastikarmbändern mit der Aufschrift "Bekämpft das Virus". Man gab gegenüber der Regierung vor, eine Aufklärungskampagne gegen Aids durchführen zu wollen und möglichst viele Bänder an die Bevölkerung aushändigen zu wollen. Daraufhin gab es sogar finanzielle Unterstützung der Regierung für die Produktion von mehr Armbändern. Nachdem tausende Armbänder an die Bevölkerung verteilt worden waren, erhielt die Bevölkerung die Information, dass es sich bei dem zu bekämpfenden Virus nicht um Aids, sondern um die Regierung handelt.

In Eritrea herrscht durch die Diktatur Isaias Afewerki ein System der Unterdrückung. Fast die gesamte arbeitende Bevölkerung wird in den Militärdienst eingezogen, oft lebenslänglich. Gerade die Jugend fürchtet um ihre Zukunft, daher flüchten jeden Monat tausende Eritreer, die meisten von ihnen sind unter zwanzig Jahre alt.

Gefängnis für die Forderung von Reformen

Besonderes Aufsehen erlangte der Fall des schwedisch-eritreischen Journalisten Dawit Isaak, den Estefanos aufdeckte. Dieser saß ohne Anklage über 10 Jahre in einem Gefängnis in Eritrea, weil er versuchte sich am demokratischen Aufbau des ostafrikanischen Landes zu beteiligen. Isaak floh 1987 vor dem Krieg nach Schweden und wurde dort schwedischer Staatsbürger. 2001, acht Jahre nach der Unabhängigkeit Eritreas, kehrte er in sein Heimatland zurück und arbeitete dort für die unabhängige Zeitung Setit.

Setit kritisierte die Politik des autokratischen Staatspräsidenten Isayas Afewerki und forderte Reformen, weswegen elf Politiker und zehn Journalisten im September desselben Jahres verhaftet wurden, unter ihnen auch Dawit Isaak. Laut Amnesty International werden Häftlinge in Eritrea mit Peitschenhieben oder Fesselungen in schmerzhaften Stellungen gefoltert. Immer wieder sollen sie auch umgekommen sein. (Arash und Arman T. Riahi, derStandard.at, 14.5.2014)