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"Wer FPÖ wählt, bekommt nicht das, was er sich wünscht": Hans-Peter Martin.

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STANDARD: Da Sie heuer nicht mehr antreten: Was empfehlen Sie der halben Million Wählerinnen und Wähler, die Sie zuletzt gewählt haben?

Martin: Zunächst einmal: nicht die radikalen Kräfte zu stärken. Ich möchte intensiv vor allem vor dieser kommunistischen Mogelpackung warnen, die sich hinter "Europa anders" verbirgt. Die stellen sich jetzt so dar, als ob sie in gewisser Weise meine Nachfolge antreten wollten. Aber wenn man analysiert, wofür dieses KPÖ-Bündnis steht, dann sieht man, dass sie mit der Fraktion der europäischen Linken verbunden sind, die Beamtenprivilegien stützt, jede sinnvolle Verkleinerung des EU-Apparats ablehnt, immer noch mehr Schulden machen will und eine Verdoppelung des EU-Budgets anstrebt.

STANDARD: Was bedeuten würde ...

Martin: ... dass die sogenannten reichen Bürger mehr zahlen - das heißt im europäischen Vergleich: besonders die Österreicher. Wo "Europa anders" draufsteht, stehen in Wirklichkeit Kommunisten dahinter. Die wollen Vermögenssteuern für alle, die mehr als 500.000 Euro haben - das trifft jeden, der ein Haus, eine Lebensversicherung und ein Auto hat.

STANDARD: Ist es Ihnen denn lieber, wenn Proteststimmen nach rechts abwandern?

Martin: Nein, das wäre genauso falsch. Man sieht, dass jene, die von der Europäischen Union enttäuscht sind, jetzt nach rechts außen oder nach links außen tendieren, wo der Protest artikuliert wird. Das ist der falsche Weg. Ich habe immer versucht, in der politischen Mitte zu bleiben und gerade Nichtwähler anzuziehen.

STANDARD: Das versucht die FPÖ - mit genau Ihrem Ansatz, Fehler der EU zu thematisieren.

Martin: Wer FPÖ wählt, bekommt nicht das, was er sich wünscht - eine Stärkung der österreichischen Rolle. Im Gegenteil: In den vergangenen Perioden waren die FPÖ-Abgeordneten immer faul, wenn es um Parlamentsberichte oder die Erstellung parlamentarischer Stellungnahmen gegangen ist. Im aktiven Sicheinbringen in Straßburg oder Brüssel sind EU-Abgeordnete der FPÖ de facto nicht präsent. Zudem steht die Freiheitliche Partei nicht nur am rechten Außenrand des politischen Spektrums, sondern sie stellt sich auch sinnvollen Regulierungen im Bankenbereich oder im Klimaschutz in den Weg. Sie schadet unter dem Strich dem Österreicher, der zu Recht sagt: "In der Globalisierung gehöre ich zu den Verlierern", noch mehr.

STANDARD: Es gibt Leute, die sagen: Zuletzt habe ich HPM gewählt - es gibt kein vergleichbares Angebot, da bleibe ich lieber daheim ...

Martin: Diese Gefahr ist groß. 2009 war ja Österreich eines der ganz wenigen Länder, wo die Wahlbeteiligung gestiegen ist - das war ganz stark im Zusammenhang mit meiner Liste Martin. Aber wer nicht wählt, stärkt die radikalen Kräfte. Das muss jedem klar sein.

STANDARD: Warum ist es nicht gelungen, eine Bewegung aufzubauen, die Ihre Linie weiterführt?

Martin: Das hatte ich nie angestrebt. Ich meine, dass es um Personen geht, gerade in der EU. Nur war mein Erfolg immer zu groß, ich habe mehr als ein Mandat bekommen. Und: Ja, ich habe mich zu wenig um die Personalauswahl gekümmert und bin auf haltlose Opportunisten hereingefallen. (Conrad Seidl, DER STANDARD, 22.5.2014)