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Justizminister Wolfgang Brandstetter, der in einem für Österreich atemberaubenden Tempo reagiert hat.

Foto: APA/ROLAND SCHLAGER

Wenn man sich Nachrichtensendungen ansieht, muss man auch mit verstörenden Bildern rechnen. Körperteile eines lebenden Menschen, die starke Verwesungsanzeichen aufweisen, sind trotzdem eher selten. In der Sendung "Guten Abend Österreich" auf Puls 4 warnten die Moderatoren ihre Zuseher Mittwochabend dankenswerterweise im Voraus.

Ein psychisch kranker 74-Jähriger, der nicht in der Lage ist, sich selbst zu pflegen, verfaulte in der Justizanstalt Stein bei lebendigem Leib, weil sich niemand kümmerte. Erst als man Verwesungsgeruch wahrnahm, wurde ihm geholfen.

Gleich danach: Der Justizminister Wolfgang Brandstetter, der mit einem für Österreich atemberaubenden Tempo reagiert hat. Drei suspendierte Beamte und die Ankündigung von Gesetzesänderungen im Bereich Strafvollzug. Damit das passiert, musste schon Verwesungsgeruch aus einem Raum dringen. Aber das allein hätte nicht gereicht. Wichtiger ist, dass die Informationen darüber aus den dicken Mauern der Justizanstalt dringen konnten.

Der Justizminister erntet nun Lob für sein rasches Handeln. Doch Dank gebührt dem sogenannten Whistleblower, den wir nicht kennen. Dazu ließ Puls 4 auch Florian Klenk, jenen Journalisten, der die Geschichte publik machte, etwas sagen: Hier wurde "kein Amtsgeheimnis, hier wurden Missstände" weitergegeben. Das war wie ein Aufruf im TV: Wenn man von seiner jeweiligen Behörde dazu nicht ermuntert wird, muss man Medien einschalten. Hätte noch Brandstetter vor der Kamera dem Informanten unbekannterweise gedankt - es hätte potenzielle andere Whistleblower daheim auf der Fernsehcouch ermutigen können, laut zu pfeifen, wenn es stinkt. (Colette M. Schmidt, DER STANDARD, 23.5.2014)