Washington - Das US-Repräsentantenhaus hat für die Beendigung der massenhaften Sammlung von US-Telefonverbindungsdaten durch den Geheimdienst NSA gestimmt. Die Kongresskammer verabschiedete am Donnerstag mit 303 zu 121 Stimmen eine erste Reform der umstrittenen Überwachungsprogramme der NSA, die nun noch den Senat passieren muss.

Der Gesetzesentwurf war vor der Abstimmung auf Druck des Weißen Hauses aber verwässert worden. Der USA Freedom Act (Freiheitsgesetz) sieht vor, dass die Verbindungsdaten künftig bei den privaten US-Telefongesellschaften verbleiben. Um auf bestimmte Datensätze zugreifen zu können, müsste sich die NSA bei einem begründeten Verdacht einen Beschluss des geheimen Spezialgerichts Foreign Intelligence Surveillance Court besorgen. Ebenfalls begrenzt werden sollen die Speicherdauer der Informationen und der Kreis von Personen um einen Verdächtigen, deren Telefondaten durchleuchtet werden dürfen.

Zentrales Versprechen

Das Ende der massenhaften Abschöpfung der Daten von US-Bürgern durch die NSA gehörte zu den zentralen Versprechen von Präsident Barack Obama für die Geheimdienstreform. Bürgerrechtler kritisierten aber nun, dass ausgerechnet das Weiße Haus Änderungen in das Gesetz einfügen ließ, die der NSA mehr Spielraum lassen. Die neuen Formulierungen ermöglichen demnach, dass der Geheimdienst mit einem einzigen Gerichtsbeschluss theoretisch Zugriff auf Daten von Millionen von US-Bürgern bekommen könnte. Betroffen wären davon nicht nur Telefonverbindungen, sondern auch die Daten von Internetnutzern.

Konkret geht es um eine Passage, in der die Suchanfragen der Geheimdienste definiert werden. Im ursprünglichen Entwurf wurden dort die möglichen Ziele der Überwachung als "eine Person, ein Konto oder eine Einheit" festgeschrieben. Der nun verabschiedete Text enthält nur noch eine vage Formulierung, die Liste der möglichen Ziele wurde zudem um "Geräte" erweitert. Kritiker befürchten, dass sich die NSA durch diese Hintertür Zugriff auf die Daten von allen Menschen mit einer Postleitzahl oder einem Internetknotenpunkt verschaffen könnte.

"In diesem Gesetz gibt es nichts, was der Regierung zu verbieten scheint, zum Beispiel alle E-Mail-Datensätze von Salt Lake City zu verlangen", sagte Harley Geiger von der Nichtregierungsorganisation Center for Democracy and Technology. Auch die Internetbranche übte scharfe Kritik und zog ihre Unterstützung für das Gesetz zurück. Der überarbeitete Text schaffe ein "inakzeptables Schlupfloch, das die massenhafte Sammlung der Daten von Internetnutzern ermöglichen könnte", erklärte die Organisation Reform Government Surveillance, in der sich Unternehmen wie Apple, Facebook, Google und Microsoft zusammengeschlossen haben.

Auch einige Abgeordnete reagierten erzürnt auf die im letzten Moment vorgenommenen Änderungen. Der Demokrat Mike Honda warf der Regierung vor, das Gesetz "drastisch" geschwächt zu haben. Der Republikaner Jim Sensenbrenner verteidigte den Entwurf aber als Kompromiss, der die Geheimdienste zu größerer Transparenz verpflichte. "Die Zeiten, in denen die NSA willkürlich mehr Daten aufsaugt, als sie speichern kann, sind vorbei", sagte er.

Dokumente des früheren US-Geheimdienstmitarbeiters Edward Snowden haben seit Juni vergangenen Jahres den massiven Überwachungsapparat der NSA ans Licht gebracht. Der Geheimdienst späht demnach nicht nur im großen Stil die Telefon- und Internetkommunikation von Menschen rund um die Welt aus, sondern nahm über Jahre auch Spitzenpolitiker befreundeter Staaten wie die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ins Visier. An den Spähaktivitäten der NSA im Ausland ändert der USA Freedom Act nichts.  (APA, 22.5.2014)