Netflix setzt auf große Freiheiten für Arbeitnehmer.

Foto: Netflix

Theoretisch unendlich viel Urlaub: das Netflix-Modell.

Screenshots/Netflix
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Diese 126 Folien sind eines der wichtigsten Dokumente über moderne Arbeitskultur: Das sagt Sheryl Sandberg, mittlerweile bei Facebook, früher bei Google. Die Präsentation, die bisher fünf Millionen Mal angesehen wurde, stammt allerdings von keinem ihrer Arbeitgeber – sondern vom Videodienst Netflix, dessen Arbeitsmodell als revolutionär gilt.

"Etwas verrückt"

Aufgeteilt in "sieben Aspekte unserer Kultur" beschreibt die ehemalige Netflix-Managerin Patty McCord mit CEO Reed Hastings, warum beispielsweise freie Zeiteinteilung und die branchenweit höchste Bezahlung ein Nonplusultra für modernes Management seien. Im Harvard Business Review gibt sie zu, dass ihre Pläne zwar "etwas verrückt" seien, der Erfolg des Videostreamingdiensts gebe ihr aber recht.

"Wie eine Sportmannschaft"

Grundtenor des Dokuments ist folgender Gedanke: Wer "gute" Arbeit leistet und sich redlich bemüht, verdiene Respekt. Wer aber exzellent arbeitet, kann sich das auch mit minimalem Aufwand erlauben und sollte mit hohem Lohn und Verantwortung belohnt werden.

Denn Netflix sei wie eine professionelle Sportmannschaft zu betrachten, auf der jede Position top besetzt werden müsse. Einziger Haken an der Metapher, so McCord: "Im Unterschied zu einem Sportteam haben wir keine fix vorgeschriebene Anzahl an Mitspielern."

"Warum Urlaubstage zählen?"

Exzellente Mitarbeiter würden erst mit persönlichen Freiheiten richtig aufblühen, so die Präsentation. Diese Freiheit hätten sie aber durch ihre Leistung auch verdient: Sie können sich ihre Arbeitszeit frei einteilen und so viel Urlaub nehmen, wie sie möchten. "Wir alle beantworten oft spätnachts E-Mails", so McCord, "niemand zählt unsere Arbeitsstunden – also warum Urlaubstage zählen?"

Führungskräfte sollen sich großzügig freinehmen

Damit dieser Modus operandi nicht ausartet und Mitarbeiter in vorauseilendem Gehorsam keine Urlaubstage in Anspruch nähmen, sollten Führungskräfte mit gutem Beispiel vorangehen und "sich großzügig freinehmen“. Auch im Arbeitsalltag selbst sollen Mitarbeiter frei sein: "Der Vorgesetzte gibt den Kontext vor, etwa eine langfristige Strategie. Wie einzelne Ziele erreicht werden, sollen die Mitarbeiter entscheiden.“

Aber: "Gehen lassen, wenn nötig"

Völlige Narrenfreiheit haben Mitarbeiter im Netflix-Modell allerdings nicht: Werden über einen sehr langen Zeitraum Ziele nicht erreicht, soll man Arbeitskräfte "gehen lassen". Managern wird außerdem empfohlen, sich regelmäßig zu fragen, wie sie reagieren würden, sollte ein Mitarbeiter kündigen. Wenn man nicht engagiert um ihn kämpfen würde, sollte man über Konsequenzen nachdenken.

Keine Stellen in Österreich

Zwar haben ähnliche Modelle in der IT-Branche schon länger Tradition: Auch Google, IBM und Facebook setzen auf persönliche Freiheit und Services für Mitarbeiter. Netflix scheint die Idee aber am radikalsten auszuleben. Der Videostreaming-Dienst, der zu Jahresende in Österreich starten wird, wird hierzulande übrigens kein eigenes Büro aufbauen. (Fabian Schmid, derStandard.at, 23.5.2014)