Kräftige Beißerchen sind von Vorteil, wenn man die erste, unbedarfte Begegnung mit Paximadi hat. Der Kreter allerdings knabbert nicht ungeduldig am griechischen "Zwieback", er lässt ihn durchziehen, etwa für das köstliche Dakos: mit etwas Wasser, gehackten Paradeisern, Myzithra, dem unpasteurisierten Weichkäse aus Schaf- und Ziegenmolke, Oregano, Knoblauch - und freilich viel Olivenöl.

Mit 50 Tonnen Sprengstoff gewann man in der privaten Bucht Platz und Material für die Gebäude und Villas des Luxusresorts Daios Cove, erbaut vom Athener Büro 3SK Stylianidis. Wegen der natürlichen Farben seiner Materialien verschmilzt die große Anlage (die nach der griechischen Unternehmerfamilie Daios benannt ist) mit der Landschaft bald nachdem man mit dem Boot (Touren etwa mit dem Katamaran) abgelegt hat.
Foto: Daios Cove/Heinz Troll

Goldgrün rinnt es aus der Flasche über die zubereiteten Wildkräuter und köstliche "Arme- Leute-Speisen", die auch auf der Tafel eines Luxusresorts wie des Daios Cove, nahe Agios Nikolaos an der nordöstlichen Küste Kretas nicht fehlen dürfen. Auf einem der vielen Teller liegt Stamnagathi, eine wie Spinat zubereitete Zichorienart. Im Salat sind Wlita, die Blätter des Amaranths, die an eine Mischung aus Rucola und Mangold erinnern, und das "Unkraut" Glystrida (Portulak), dessen kleine Blättchen und zarten Stiele leicht säuerlich, nussig schmecken. Das raffinierte Grünzeug suhlt sich im Öl, und man selbst ist auch unersättlich - ohne Reue, gilt doch das Olivenöl als Basis für die Langlebigkeit der Kreter.

Aber wem haben wir das grüne Gold zu verdanken? Folgt man der griechischen Mythologie, so ist es Athene. Diese stritt mit Poseidon darüber, wer von ihnen Patron der neu erbauten Stadt in Attika werden sollte. Ein Geschenk - unvergänglich und nützlich für das Volk - sollte, so Zeus, den Ausschlag geben. Der Gott des Meeres schlug mit seinem Dreizack eine Quelle in den Felsen, es floss allerdings nur Salzwasser. Die Göttin der Weisheit stieß hingegen ihren Speer in die Erde und daraus wurde ein Olivenbaum.

48 Bäume pro Kreter

Demzufolge schlug zwar der erste Ölbaum auf der Akropolis Wurzeln, auf Kreta wachsen dafür pro Kopf die meisten: Gute 48 sind das bei 30 Millionen Stück, die die landschaftlich vielseitige, mal üppige, mal karge Insel in ausgedehnten Hainen überziehen. Beziffern kann man das sicherlich auch, weil die Bäume - als eine Investition in die Zukunft - ins Grundbuch eingetragen werden.

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Auf Kreta werden seit dem minoischem Zeitalter Oliven kultiviert. Einige Exemplare auf der Insel sind rund 2000 Jahre alt.
Foto: dpa/dpaweb/Beate Schleep

Den Kretern ist der Olivenbaum, dem weder Feuer noch Blitzschlag etwas anhaben kann, wahrlich eine Gabe der Göttin: Fast 40 Prozent der gesamten griechischen Olivenölproduktion kommen allein aus Kreta! Von insgesamt 220.000 Tonnen pro Jahr sind das 80.000, sagt Giannis Geronymakis von Epsilon, einem Familienbetrieb, der in Vori, im Süden, sehr exklusives, biologisches Öl aus den kleinen Koroneiki- Oliven produziert.

Milde Winter, Sommer ohne extreme Hitze

"40 Prozent mag unglaublich erscheinen, aber es ist wahr". Das Eiland, so Giannis, hat einfach das ideale Klima: milde Winter und ein Sommer ohne extreme Hitze. Was Olivenbäume wollen? Ein stabiles Klima ohne heftiges Auf und Ab, dazu viel Sonne, Regen im Herbst - und stickstoffreiche Böden. Statt chemischen Dünger arbeite man dafür zermahlene Hülsenfrüchte (Leguminosen) unter, sagt Giannis. "So produzieren wir womöglich weniger Öl, dafür ist die Qualität einzigartig."

Bei Epsilon bedeutet das etwa einen Säuregehalt von nur 0,25 Prozent beim Abfüllen. Und weil man die kleinen, flakongleichen Flaschen in Holzkistchen sperrt, bleibt der Säurewert extrem niedrig. Ein Geheimnis ist auch die Erntezeit: Zwar kann man je nach Sorte zwischen November und März pflücken, aber zwischen 15. Dezember und 10. Jänner ist das Öl am ausgewogensten, und Polyphenole, Antioxidantien und Vitamine haben ihr Maximum erreicht.

Methusalem unter den Olivenbäumen

"Solche Bedingungen gibt es nur an wenigen Orten der Erde. Kein Wunder, dass hier seit etwa 3500 Jahren, also seit dem minoischen Zeitalter, Oliven kultiviert werden." Im Palast von Zakros in Ostkreta wurde in einem Brunnen ein auf etwa 1450 vor Christus datierter Becher mit ganzen Olivenkernen gefunden. Nicht ganz so viele, aber immerhin rund 2000 Jahre zählen die vier Methusalems unter den Olivenbäumen in "Kriti". Eines dieser knorrigen Exemplare steht hier im Nordosten, in Kavousi, kaum 30 Kilometer von Agios Nikolaos entfernt.

Dessen Alleen beschatten zwar keine Ölbäume, sondern Tamarisken und Maulbeerbäume, trotzdem kann man in diesem Küstenstädtchen am Mirabello-Golf, weiter dem heiligen Baum huldigen: Feilgeboten werden Seifen und Kosmetik oder Accessoires für Küche und Alltag aus seinem harten, wunderbar gezeichneten Holz. Und wem das noch immer nicht genügt, der lässt sich im Spa des Daios Cove Resorts eine kretische Abreibung mit Olivenöl verpassen! (Anne Katrin Feßler, Album, Der Standard, 24.05.2014)