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UKIP-Chef Nigel Farage gönnt sich ein Bier. Seine Partei hat bei den Regionalwahlen etliche Sitze dazugewinnen können.

Foto: EPA/FACUNDO ARRIZABALAGA

Bei den Kommunalwahlen in England hat sich die europafeindliche United Kingdom Independence Party (Ukip) mit einem Stimmenanteil von rund 17 Prozent als drittstärkste Partei etabliert. "Uns muss man jetzt ernstnehmen" , tönte deren Chef Nigel Farage in der BBC. Die Labour-Opposition (etwa 31 Prozent) konnte zwar Mandate hinzugewinnen, blieb aber unter den Erwartungen. Die Konservativen von Premier David Cameron (29) sowie dessen liberale Koalitionspartner (13) mussten am Donnerstag schwere Einbußen hinnehmen.

Die Stimmen zur landesweiten EU-Wahl werden erst am Sonntag ausgezählt; Demoskopen halten einen Ukip-Sieg vor Labour für möglich. Man habe es mit "einer starken Politikverdrossenheit"  zu tun, glaubt der liberale Vizepremier Nick Clegg.

Bedingte Aussagekraft

In 161 Städten und Gemeinden Englands standen 4216 Mandate zur Disposition. Die Abstimmung war der letzte landesweite Test vor der Parlamentswahl im kommenden Jahr. Allerdings sind Vergleiche nur bedingt hilfreich. Sowohl die Kommunalverwaltungen als auch das EU-Parlament spielen im politischen Denken vieler Briten nur sehr begrenzte Rollen.

Die Ukip schnitt in südlichen, konservativ geprägten Regionen ebenso gut ab wie in Labour-Hochburgen Nordenglands. Hingegen blieb sie in London einstellig.

In der Grafschaft Essex nordöstlich der Hauptstadt ist aus dem Duell zwischen Tories und Labour ein Dreikampf geworden. In Rotherham (Yorkshire) stellt Ukip die offizielle Opposition im Stadtrat.

Allerdings sorgte das Mehrheitswahlrecht dafür, dass Ukip deutlich weniger Mandate erreichte, als der Stimmenanteil nahelegt. Man werde die Ergebnisse sorgfältig analysieren und sich für die Unterhauswahl auf wenige Wahlkreise konzentrieren, teilte Farage mit: "Um diese kämpfen wir dann mit aller Energie."

Zwar besteht das Ukip-Führungspersonal – einschließlich Parteichef Farage – ganz überwiegend aus enttäuschten Ex-Konservativen; die EU-Feinde konnten aber Wähler von allen etablierten Parteien abschöpfen und zudem Menschen, überwiegend weiße Männer, für sich gewinnen, die seit längerem nicht mehr zur Wahl gegangen waren.

Einer Analyse des Glasgower Politologen John Curtice für die BBC zufolge verloren in 37 repräsentativen Wahlbezirken 18 Konservative, elf Labour-Leute und acht Liberaldemokraten ihre Mandate an Ukip-Kandidaten. Seine Partei werde das Jahr bis zur Unterhauswahl dazu nutzen, "Ukip-Wähler von unserer Sache zu überzeugen" , kündigte Labour-Chef Ed Miliband an. Parteiinterner Kritik zufolge hatte die Opposition einen lustlosen Wahlkampf abgeliefert und dabei das Thema Europa weitgehend vermieden.

Auch Cameron "frustriert"

Premier Cameron räumte Pro bleme der Koalition ein: "Die Leute sind frustriert über Themen wie Sozialreform und Einwanderung, und ich bin auch frustriert."  Tatsächlich wollen Umfragen zufolge rund drei Viertel der Briten die Migration reduzieren, scheuen aber vor der Einschränkung der Personenfreizügigkeit zurück.

EU-Feinde in Camerons Reihen sprachen sich für Absprachen mit der Ukip aus, was Generalsekretär Grant Shapps umgehend zurückwies: "Solche Deals wird es nicht geben."  Bei einer Nachwahl zum Unterhaus in Newark (Grafschaft Lincoln) verteidigen die Tories im Juni den Sitz gegen einen früheren Parteifreund, den Ukip-Europaabgeordneten Roger Helmer. (Sebastian Borger aus London, DER STANDARD, 24.5.2014)