Auf der Suche nach Schmuggelware: Grenzkontrolle zwischen Salzburg und Bayern vor rund 50 Jahren.

Stadtarchiv Salzburg / Johann Barth

Heute erinnern nur noch die Namen von Gaststätten und Beisln an die vergangenen Zeiten: Das Szenelokal "Schmuggler" im bayerischen Freilassing gehört für viele Stadt-Salzburger ebenso zum fixen Bestandteil der lokalen Gastronomie wie das "Zollhäusl" - eine typische bayerische Wirtschaft unmittelbar an der Saalach, die die Staatsgrenze zwischen Deutschland und Österreich markiert.

Über das große Geschäft mit geschmuggelten Zigaretten und mit Kaffee sowie über den meist ziemlich aussichtslosen Kampf der Zollbeamten gegen den schwunghaften Handel über die Grenze wissen heute in den nach den Glücksrittern und ihren uniformierten Kontrahenten benannten Lokalen weder Gäste noch Pächter Bescheid.

Geschenk für Schmuggler

Es ist so lange her, dass nur mehr die Historiker helfen können. Die in Deutschland 1948 eingeführte Kaffeesteuer verteuerte den Kaffee für den deutschen Endverbraucher derart, dass sich ein Normalverdiener einfach keinen Kaffee mehr leisten konnte. Die gebrannten Bohnen waren sechsmal so teuer wie in Österreich.

"Ein größeres Geschenk hätte man den Schmugglern und Schwarzmarkthändlern kaum machen können", schreiben der ehemalige Zolloberamtsrat Albin Kühnel und der Historiker Johannes Lang in ihrem dem bayerisch-österreichischen Schmuggel gewidmeten Buch Halt Zoll.

Die Bohnen wurden in großem Stil - tonnenweise in doppelten Böden von Lastwagen -, aber auch in kleinen Mengen - ein halbes Kilo Bohnen in der Strumpfhose - über die Grenze gebracht. Erst eine drastische Steuersenkung 1953 machte das Schmuggeln und den Schleichhandel unrentabel.

Steuerbetrug

Ganz vorbei ist die Sache mit den Steuerunterschieden nicht. So verleitet die österreichische Normverbrauchsabgabe NoVa zahlreiche Salzburger Autofahrer dazu, ihre Pkws an Scheinadressen in Bayern anzumelden. Mit einer BGL-Nummer (Berchtesgadener Land) sind so gleich ein paar Tausend Euro gespart. An manchen Adressen in Bayern seien bis zu einhundert Autos registriert, erzählen Finanzbeamte. Insgesamt - neben Salzburg auch in Oberösterreich und Tirol - erreicht der Schaden dreistellige Millionenbeträge. Die Zahl der illegalen Autos wird auf 15.000 geschätzt.

Während der NoVa-Betrug illegal ist, gibt es im Grenzbereich eine ganz legale Form, Geld zu sparen. Auch hier macht die Steuer den Unterschied. Laut ÖAMTC beträgt der Preisunterschied bei Superbenzin im Schnitt 19,3 Cent pro Liter, bei Diesel 5,2 Cent. Der Tanktourismus floriert. Wie viel tatsächlich von österreichischen Benzinpumpen in ausländische Tanks fließt, lässt sich nur schätzen. Modellrechnungen gehen davon aus, dass in Salzburg jeder dritte Liter von einem deutschen Autolenker gekauft wird.

Umgekehrt wiederum gehen die Salzburger gerne in Freilassing einkaufen. In den 1980er-Jahren, also vor dem EU-Beitritt, wurden im Zuge des kleinen Grenzverkehrs vor allem Produkte gekauft, die in Österreich gar nicht erhältlich waren. Spezielle Tabaksorten oder auch bayerisches Bier.

Heute macht der Preis den Unterschied. Die Arbeiterkammer ermittelt Jahr für Jahr anhand eines Warenkorbs mit Markenartikeln die Differenzen. Die Preisschere ist groß. Die 64 verglichenen Lebensmittel sind in Salzburg in Summe um 19,5 Prozent teurer, Reinigungsmittel um 46,5, Körperpflegeprodukte gar um 62,5 Prozent.

Das sei eine Aufforderung, in Freilassing einzukaufen, ärgert sich der Geschäftsführer der Sparte Handel in der Wirtschaftskammer, Johann Peter Höflmaier. Der AK-Warenkorb sei nicht repräsentativ, außerdem hätten die Salzburger Betriebe höhere Lohn- und Strukturkosten.

Positiver Saldo

In Summe freilich profitieren die Salzburger von den offenen Grenzen weit mehr als die Bayern. Laut einer 2005 erstellten Kaufkraftstudie fließen jährlich fast 75 Millionen Euro mehr vom bayerischen Grenzraum nach Salzburg als in die andere Richtung. Tendenz stark steigend.

Verantwortlich dafür sind vor allem die Möbelhäuser an der Autobahn und die riesigen Einkaufszentren. Allen voran das Flaggschiff des Spar-Konzerns: der Europark. (Thomas Neuhold, DER STANDARD, 24.5.2014)